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Westfalenpost: Dumm gelaufen Stoibers Fall - ein politisches Lehrstück

Archivmeldung vom 19.01.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.01.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Wer Mitte Dezember vorausgesagt hätte, dass Edmung Stoiber im Januar den Rückzug von allen Spitzenämtern bekannt gibt, wäre als politisch naiv belächelt worden. Schleichende Demontage, Aufruhr und Verschleppungstaktik, Kapitulation: So schnell und so brutal ist hierzulande noch kein Politiker mit Denkmal-Status vom Sockel gestoßen worden. Später wird man sich vielleicht einmal fragen: Warum eigentlich?

Bei aller gebotenen Distanz zu manchen scheinheiligen Nachher-Lobpreisungen: Die Leistungsbilanz des Ministerpräsidenten ist erstklassig! Bayern steht in vielen Bereichen an der Spitze, als erstes Bundesland hat es einen ausgeglichenen Haushalt, im Landtag hat die CSU eine Zwei-Drittel-Mehrheit, das Etikett "Mit Laptop und Lederhose" kann der Landesvater auf Abruf durchaus als Anerkennung für seine Modernisierungsarbeit verstehen. Doch ist der Ruf erst angeknackst, zählen gute Arbeitszeugnisse nichts mehr.
Parteifreunde waren seiner überdrüssig: 14 Jahre sind genug, Ergebenheitsbekundungen wirkten nur noch peinlich. Als wäre da plötzlich ein anderer Mensch, nahmen Schwachpunkte des unerwarteten "Berlin-Heimkehrers" in den Augen der Bürger an Größe zu. Fehleinschätzungen, schlechte Beratung, überall Gegenwind: Stoiber konnte sich nicht mehr halten. Die Kreuther Pseudo-Rettungsaktion ist dumm gelaufen. Letztlich war der Bespitzelungsvorwurf der Landrätin Nebensache in einem politischen Schurkenspiel mit Komödienstadl-Aspekten. Frau Pauli öffnete nur das Tor zum Abgrund, den andere längst gebuddelt hatten.
Mit seiner Rücktrittserklärung nutzte Stoiber die letzte Chance, nach außen eigenes Handeln zu demonstrieren. Er tat gut daran, sich, dem Land und der CSU weiteres Dauerquälen zu ersparen. Ob die Nachfolger an der Spitze der Partei und im Amt des Ministerpräsidenten sein Bayern-Kraftformat haben, wird sich zeigen. Noch schneller dürfte deutlich werden, dass mit dem Ende einer Ära kein Schluss des Personalraufens verbunden ist. Verlierer ist nicht nur Stoiber, Abrechnungstage gibt es auch vor dem nächsten Wahltag. Und Berlin? Der "dritte Mann" in der Koalition wird künftig weniger stark sein. Nicht alle bedauern das.

Quelle: Pressemitteilung Westfalenpost

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