Westfalenpost: Signal gegen Abzocke Kartellamt geht gegen Stromriesen vor
Archivmeldung vom 21.12.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs ist ein Skandal, dass die deutschen Stromriesen in ihre Preiskalkulation bislang unbehelligt Kosten einfließen lassen können, die ihnen nie entstanden sind. Zum Start des Börsenhandels mit CO2-Emissionen entschied die Bundesregierung, die Zertifikate nicht zu versteigern, sondern zu verschenken, um RWE, Eon und Co. nicht über Gebühr zu belasten.
Im nachhinein womöglich ein Fehler. Es ist
jedenfalls sicher nicht im Sinne des Erfinders, dass die Versorger
ihrer Kundschaft nun trotzdem Marktpreise für die Zertifikate in
Rechnung stellen - und so überhöhte Stromtarife kassieren.
Die Politik hat diesem Treiben bisher tatenlos zugesehen. Gut, dass
wenigstens das Kartellamt endlich ein Signal gesetzt hat. Mehr als
das ist die Abmahnung für RWE allerdings zunächst nicht; eine
schnelle, amtlich verordnete Strompreissenkung auf breiter Front ist
nicht zu erwarten. Leider. Vorerst zumindest geht es nur um
missbräuchlich überhöhte Strompreise für die Industrie - denn die
Tarife für Verbraucher sind Ländersache; hier hat das Kartellamt
keine Handhabe.
Kern des Übels ist nicht der sinnvolle CO2-Handel, den die
Stromkonzerne mit ihrer Abzocke ärgerlicherweise in Misskredit
bringen. Das Problem ist die völlig unzureichende Konkurrenz auf dem
Strommarkt, die es den vier dominierenden Konzernen ermöglicht,
Monopolgewinne abzuschöpfen. Diese Feststellung des Kartellamtes ist
brisant - liegt ihr doch die Erkenntnis zugrunde, dass die
Liberalisierung kläglich gescheitert ist. RWE und Co. sehen das
anders; das letzte Wort haben nun wohl die Gerichte. Sinnvoller wäre
indes eine grundlegende Zäsur in der Energiepolitik.
Quelle: Pressemitteilung Westfalenpost