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Die Weltgemeinschaft bleibt in Nahost zu zaghaft

Archivmeldung vom 09.09.2024

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.09.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Der Krieg in Nahost kennt kein Ende, weder im Westjordanland, wo Attentäter drei israelische Sicherheitsleute erschießen, noch im Gazastreifen, der weiter von der israelischen Armee bombardiert wird, oder an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon. Und Krieg bedeutet Sterben - durch Bomben, Gewehrkugeln, Raketen oder Sprengstoff. Seit Monaten diskutieren die Konfliktparteien, Israels Regierung und die Hamas, über Vermittler, um eine Waffenruhe zu vereinbaren. Aber der immer wieder verheißene Durchbruch in diesen undurchsichtigen Gesprächen kommt nie, während die Anzahl der Getöteten steigt.

Nur wenige Informationen dringen vom Verhandlungstisch nach draußen, und jede Seite macht den jeweils anderen verantwortlich für Fehlschläge.

So viel aber ist sicher: Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu besteht darauf, den Krieg auch nach einem Tausch von Geiseln gegen Gefangene weiterführen zu können und die Kontrolle der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten unter Kontrolle zu behalten. Dass sich die Hamas auf so einen Deal nicht einlassen will, ist nachvollziehbar, denn das würde bedeuten, dass ihre militärische Macht weiter dezimiert würde und der Gazastreifen abgeriegelt bliebe. Die brutale Rechnung der Hamas zielte von Anfang an darauf ab, mit den in ihrer Gewalt befindlichen Geiseln Vorteile für die eigene Organisation und den Kampf gegen Israel herauszuschlagen. Wer die letzten noch lebenden Geiseln retten will, muss Kompromisse eingehen. Das fordern die Angehörigen und große Teile der israelischen Gesellschaft mit ihren Massenprotesten. Das Leben der Menschen sollte auch Netanjahu und seinen Kabinettskollegen mehr wert sein als die Staatsräson, sich nicht von einer Terrororganisation erpressen zu lassen.

Wie notwendig ein Umdenken in der israelischen Politik ist, sieht man auch an den unhaltbaren Zuständen im besetzten Westjordanland. Dort fristen die Palästinenser ihr Dasein in einem rechtsfreien Raum neben gewalttätigen Siedlern, die ihre Lebensgrundlagen zerstören. Erst am Freitag töteten israelische Soldaten mutmaßlich eine Aktivistin aus den USA, die gegen die Ausweitung einer illegalen Siedlung im Westjordanland protestierte. Das "Problem" der illegalen Besatzung ist ein internationales "Problem" und geht die Weltgemeinschaft an. Die reagiert jedoch viel zu zaghaft, setzt einzig auf Reisediplomatie, anstatt Waffenlieferungen nach Israel zu stoppen und Sanktionen gegen die israelische Regierung zu verhängen - wogegen es im Falle der Hamas im Übrigen nie Widerstand gab.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell reist an diesem Montag nach Ägypten, um Druck zu machen für eine Waffenruhe, will an einer Sitzung der Arabischen Liga teilnehmen und dann in den Libanon weiterreisen. Israel steht nicht auf dem Programm. Zufall ist das nicht, denn Borrell hat sich als einer der schärferen Kritiker der israelischen Politik erwiesen. Nur läuft sein Mandat bald ab, und es ist gewagt anzunehmen, dass ihm vorher noch der Durchbruch gelingt. Festzustellen ist dennoch ein schärferer, entschiedener Ton gegenüber der rechtsextremen israelischen Regierung seitens westlicher Politiker. Auch Deutschland macht da keine Ausnahme, nur wird die Kritik da in die deutsche Staatsräson eingepackt: Bei ihrem elften (!) Nahost-Trip unterstrich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, die Sicherheit Israels "bleibt deutsche Staatsräson", stellte aber klar, dass es um die Sicherheit des Landes und seiner Menschen gehe, "und nicht um die Sicherheit einer Regierung konkret oder um einzelne Regierungsmitglieder". Dieser Seitenhieb auf die Regierung Netanjahu und ihren unverantwortlichen Kurs ist aus deutschem Politikermund schon fast mutig zu nennen. Änderungen wird er freilich nicht bewirken.

Quelle: nd.DerTag / nd.DieWoche (ots)


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