Börsen-Zeitung: So schön kann Krise sein
Archivmeldung vom 28.11.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSie kennen Jens Bullerjahn nicht? Dann sollten Sie ihn unbedingt kennenlernen! Der SPD-Mann ist Finanzminister von Sachsen-Anhalt und hat soeben den Stein der Weisen entdeckt: Dank Finanzkrise werden die Probleme der öffentlichen Haushalte bald ein für alle Mal gelöst sein.
Das geht so: Die Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt gewähren der Nord/LB, an der sie zusammen mit 50% beteiligt sind, Garantien von jährlich bis zu 10 Mrd. Euro. Und das, wie es unter Hinweis auf Ratings und Kernkapitalquote der Landesbank heißt, praktisch ohne Risiko. O-Ton Bullerjahn: "Im Gegenteil: Durch die vertraglich festgelegte angemessene Vergütung der Garantien generieren wir zusätzliche Einnahmen für unsere Haushalte."
Auch der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) ist außer sich vor Glück: Es gebe nur Gewinner. Wettbewerbsnachteile der Nord/LB würden ausgeglichen, die regionalen Unternehmen könnten sich wieder Geld leihen, die Länderhaushalte würden entlastet. So schön kann Krise sein! Nach der Logik der Politiker muss man sich eine weitere Verschärfung der Finanzkrise geradezu wünschen, könnten Bund und Länder dann doch noch mehr Garantien vergeben und umso höhere Einnahmen in ihren Haushalten verbuchen.
Nun hat die Krise also auch Nord/LB und Helaba erwischt, die letzten weißen Raben unter den Landesbanken. Die Hannoveraner brauchen milliardenschwere Staatsgarantien, um sich ordentlich refinanzieren zu können, die Frankfurter sind im dritten Quartal in die Miesen gerutscht. Gewiss: Vergliche man die beiden mit <BayernLB & Co., wären sie zu Recht beleidigt. Aber der Lack beginnt, wie schon bei der LBBW, doch abzublättern.
Da trifft es sich gut, dass Banken, die Staatshilfe beanspruchen, neuerdings ein tolles Argument anführen können: Eigentlich hätte man es nicht nötig. Doch müssten Wettbewerbsnachteile gegenüber jenen vermieden werden, die schon Garantien bekommen haben. Wettbewerbsnachteile? Garantien gibt es auch andernorts nicht für lau. Sie steigern ganz im Sinne Bullerjahns und Wulffs die öffentlichen Einnahmen und sorgen bei den begünstigten Banken für entsprechende Kosten. Der Hinweis auf Wettbewerbsnachteile ist so absurd wie die Idee, der Staat sei ein Krisengewinner. Doch die Neigung, sich und dem Publikum die Lage schönzureden, wird Politikern wohl in die Wiege gelegt.
Quelle: Börsen-Zeitung (von Bernd Wittkowski)