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Virulente Risiken

Archivmeldung vom 18.06.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.06.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Es ist ein herber Rückschlag. Während junge Biotechunternehmen in der Entwicklung von Impfstoffen gegen Covid-19 bislang Rekorde aufgestellt haben, setzt Curevac den Kontrapunkt. Die Tübinger Firma muss nach einer Zwischenanalyse ihrer Studienergebnisse einräumen, dass ihr Corona-Vakzin (noch) nicht die erhoffte Immunantwort auslöst. Eine Zulassung steht damit in den Sternen, sie ist aber auch nicht gänzlich ausgeschlossen.

Misserfolge gehören in der Pharmaindustrie zum Geschäft. Doch die Probleme von Curevac kommen insofern überraschend, als die eingesetzte mRNA-Technologie bei Wettbewerbern wie Biontech und Moderna in der Indikation aus dem Stand überragende Resultate gezeigt hat.

Für Curevac ist es nicht nur ein Rückschlag für die operative Reputation, sondern ein dramatischer Vertrauensverlust. Das Unternehmen hatte schon zu Beginn der Pandemie öffentlichkeitswirksam Hoffnung geschürt - vermutlich auch, um vor dem Börsengang im vergangenen Sommer gute Stimmung bei Investoren zu machen. So hatte der langjährige Hauptaktionär Dietmar Hopp bereits im März 2020 die Erwartung geweckt, eine Zulassung des Impfstoffs könnte im Herbst möglich sein. Dieser Optimismus erwies sich rasch als Fehleinschätzung. Die Wettbewerber waren im Markt, noch bevor Curevac die Probanden für die zulassungsrelevante Studie beisammen hatte. Es wurde dann in Tübingen der Slogan verbreitet, man wolle nicht mehr der Schnellste, aber der Beste sein. Auch dies kann offensichtlich nicht eingelöst werden. Das Unternehmen, das bislang noch nicht mit einem Produkt im Markt ist, hat es versäumt, sich frühzeitig einen erfahrenen und schlagkräftigen Pharmapartner an die Seite zu holen.

Für die Investoren ist das Zwischenergebnis aus der Impfstoffstudie ein Desaster. In erster Marktreaktion haben sich fast 10 Mrd. Dollar Börsenwert in Luft aufgelöst. Allerdings muss es Anlegern klar sein, dass die Risiken virulent sind, wenn sie ihr Geld in junge, noch nicht diversifizierte Biotechunternehmen ohne Produktumsatz stecken. Dass auch der Bund dieses Wagnis eingegangen ist, konnte schon bei Bekanntwerden des staatlichen Engagements nur Kopfschütteln auslösen.

Medizinisch wirft das vorläufige Fazit von Curevac elementare Fragen auf. Denn das Studienergebnis ist davon geprägt, dass der ursprüngliche Virustyp kaum noch eine Rolle spielt, sondern noch aggressivere Virenstämme dominieren. Das stellt auch die bereits zugelassenen Vakzine auf die Probe.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Sabine Wadewitz

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