Westfalenpost: So tun, als ob Ein unerquicklicher Europawahlkampf
Archivmeldung vom 16.04.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs ist einer der gängigen Kalauer über die Europäische Union, dass sie keinerlei Aussicht hätte, Mitglied der Europäischen Union zu werden, und zwar mangels demokratischer Strukturen. Das ist es, was einen Europawahlkampf für Politiker und Wähler zu einer so unerquicklichen Veranstaltung macht.
Beide Seiten wissen, dass bei einer solchen Wahl über nichts zu entscheiden ist. Nur dass die Politiker irgendwie versuchen müssen, den Bürgern vorzumachen, es wäre anders, das ist ihr Job. Bekanntlich ist "Demokratie" ein griechisches Wort und bedeutet "Volksherrschaft". Wenn daraus etwas folgt, so ist es, dass der EU zur Demokratie schon die simpelste Voraussetzung fehlt, nämlich ein europäisches Volk. Das Medium der Demokratie ist die Sprache. Manche meinen, das Problem wäre gelöst, wenn die Parteien nicht mehr mit nationalen, sondern mit europäischen Listen und Spitzenkandidaten zur Europawahl anträten. Nehmen wir an, es wäre so, die Sozialdemokraten würden einen charismatischen Slowenen, die Christdemokraten einen nicht minder charismatischen Finnen nominieren - wie wollten diese beiden dann ihre deutschen Wähler umwerben? Auf Pidgin-Englisch? In der EU ist Demokratie nur nationalstaatlich zu organisieren. Das zählt zu ihren Existenzbedingungen. Worüber also ist am 7. Juni zu entscheiden? Vielleicht ja über über die Zukunft der CSU. Das wäre doch auch etwas.
Quelle: Westfalenpost (von Winfried Dolderer)