Neues Deutschland: zur so genannten Bolkestein-Richtlinie
Archivmeldung vom 24.11.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas müsste sie doch sein, die erste »Zerreißprobe« für die Koalition. Wie stellt sich eine schwarz-rote Regierung zu dem als »Bolkestein-Richtlinie« bekannten Projekt der Brüsseler Neoliberalen, Europa einem Wettlauf um die niedrigsten Sozialstandards auszusetzen?
Der Protest gegen die Richtlinie stand am Anfang des »Kampfs gegen
Lohndumping«, der im Wahlkampf die taktische Linkswende der SPD
einläutete und ihr noch Schlimmeres ersparte. Eigentlich kann
Müntefering jetzt schlecht davon abrücken.
Auch innerhalb des Union-Klientels ist das Deregulierungspaket
umstritten. Kleinunternehmern und den oft beschworenen
Mittelständlern droht mit »Bolkestein« eine Schmutzkonkurrenz, der
sie nicht gewachsen sind. Die Konzernlobby sieht dagegen erstklassige
Möglichkeiten der »Kostensenkung« durch die Ausgliederung von
Dienstleistungen in osteuropäische Briefkastenfirmen.
 Ergebnis dessen sind verbale Nebelkerzen und vage
Formulierungen im Koalitionsvertrag. Herkunftslandprinzip? Ja, aber.
Ausnahme für die Daseinsvorsorge? Teils, teils. Für die linke
Opposi-tion bietet sich die Chance, diese Widersprüche aufzugreifen
und zuzuspitzen. Wenn es gelingen sollte, die Kleinunternehmerlobby
an die Spitze der für Januar geplanten Demonstration zu stellen, wird
deren Effekt am größten sein. Dazu braucht es nur ein kleines
bisschen Beweglichkeit.
Quelle: Pressemitteilung Neues Deutschland