Rheinische Post: Zocken ums Kanzleramt
Archivmeldung vom 30.09.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.09.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAls die Wähler weder Schwarz-Gelb noch Rot-Grün die Mehrheit gaben, haben sie zugleich entschieden, dass die Zeit bis zur Bildung einer neuen Regierung eine Hoch-Zeit der Spekulationen sein würde. Wo vieles bislang schwer Vorstellbares nun durchaus denkbar wird, sind in allen Winkeln sämtlicher Parteien viele mit Leidenschaft dabei, sich Spektakuläres zusammenzureimen.
Jüngstes Beispiel: Gerhard
Schröder verzichtet am Montagabend im Parteipräsidium auf die
Kanzlerschaft.
Warum sollte er das tun? Noch hat er die Sozialdemokraten in
gefühlter Siegesstimmung hinter sich. Noch versperrt er damit den
Durchmarsch Angela Merkels an den Ort, wo sie die Richtlinien der
Politik bestimmt. Damit die SPD für die nächsten vier Jahre möglichst
viele Richtungen dieser Richtlinien vorbestimmen kann, muss sie mit
jedem Pfund wuchern, das ihr für Verhandlungen mit der Union zur
Verfügung steht. Also zu allererst mit Schröder. Andererseits:
Schröder will immer selbst handeln, niemals getrieben sein. Deshalb
wird er, wenn er geht, lieber früher den Handelnden geben, als so
lange zu zaudern, bis die Partei ihn drängt.
In diesem Pokerspiel ist nur eines gewiss. Hier geht es nicht um
öffentliche Wirkung, hier geht es darum, wer besser zocken, am besten
Strippen ziehen kann. Eine Qualität, die Angela Merkel nicht
abzusprechen ist. Sonst wäre sie nicht dort, wo sie jetzt ist.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post