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Börsen-Zeitung: Ein alter Bekannter, Kommentar zur Bankenunion

Archivmeldung vom 12.07.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.07.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Die nach Ausbruch der globalen Finanzkrise vor zehn Jahren von den Politikern angestimmte Melodie hatte das Zeug zum Ohrwurm: "Nie wieder sollen die Steuerzahler für die Abwicklung oder Rettung maroder Banken zur Kasse gebeten werden." Der Hit lief in den Hauptstädten in Endlosschleife. Bei Unterhaltungsmusik mit eingängigen Texten lässt es sich ja auch wunderbar träumen.

Guten Morgen und willkommen in der Wirklichkeit! Die Staaten und damit die Steuerzahler sind längst wieder dabei. Womöglich nicht unbedingt nur in Italien, wo für die schonende Abwicklung von Veneto Banca und Banca Popolare di Vicenza bis zu 17 Mrd. Euro an öffentlichen Geldern aufgerufen wurden. Es waren nicht die ersten und - so schwant dem BVR, dem Verband der deutschen Kreditgenossenschaften - auch nicht die letzten Fälle. Selbst mit den Mitteln in den Einlagensicherungstöpfen der deutschen Banken und Sparkassen, die die EU-Kommission allzu gerne vergemeinschaften würde, käme man da nicht sehr weit.

Doch von einzelnen Schieflagen und dadurch erforderlichen Rettungs- oder nicht minder teuren Zerschlagungsaktionen einmal abgesehen: Im Zusammenhang mit dem vornehmlich in südeuropäischen Gefilden grassierenden Problem der faulen Kredite (Non-Performing Loans - NPL) weist BVR-Vorstandsmitglied Gerhard Hofmann recht lapidar auf einen entscheidenden Punkt hin, zu dem sich die EU-Finanzminister in ihrem NPL-Aktionsplan auffallend bedeckt halten: Jemand muss die Verluste tragen. Und da kommt natürlich wieder ein alter Bekannter ins Spiel: der Steuerzahler. Fragt sich nur noch, ob der nationale oder eher früher als später doch der europäische. Wie lange wird das Plädoyer von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gegen eine länderübergreifende Bad Bank Bestand haben?

Aufhorchen lässt Schäubles Lob für die italienische Regierung, die ihre Sache gut gemacht habe - Regeltreue spielt ja anscheinend keine Rolle mehr. Baut da jemand vor für den Fall, dass irgendwann nach der Bundestagswahl Deutschland auf das Verständnis seiner Partner für eine unorthodoxe Interpretation der europäischen Abwicklungsregeln angewiesen sein könnte? Man muss die Vorstellungskraft nicht überstrapazieren, um sich auch solche Szenarien ausmalen zu können.

In der fehlkonstruierten Bankenunion ist offenbar alles möglich. Zum nächsten Gassenhauer könnte eine Vertonung von Shakespeares "Was ihr wollt" werden. Auch dieses Stück handelt von einem äußerst ausgelassenen Treiben, ist aber lustiger als die Realität der Bankenunion.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Bernd Wittkowski

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