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Lausitzer Rundschau: Das passt alles nicht

Archivmeldung vom 08.09.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.09.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Eine gemeinsame Währung, aber keine gemeinsame Regierung. Das ist die Ursache der Euro-Krise, und diese Ursache bleibt auch dann erhalten, wenn jetzt kurzfristig eine Rettung gelingen sollte. Berlusconi, Papandreou, Sarkozy oder Zapatero können letztlich in ihren Ländern beschließen, was sie wollen, und niemand kann eingreifen. Übrigens ist deutschen Politikern die Idee von Wahlgeschenken und die Wahrung von Besitzständen ebenfalls nicht ganz fremd.

Das gestrige Verfassungsgerichtsurteil beantwortet dieses zentrale Problem des Euro genau nicht. Es hilft wenig zu fordern, dass der Bundestag stärker beteiligt werden muss, wenn es ans Retten von überschuldeten Staaten geht, die keine Rücksicht auf den Rest der Währungsgemeinschaft genommen haben. Das ist sicher richtig. Aber wenn die Überschuldung erst eingetreten ist, gibt es wegen der Fragilität des gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsraums gar keine Alternative zu Stützungsaktionen mehr. Übrigens, ganz im Gegenteil zur Meinung des Verfassungsgerichts, erst recht dann nicht, wenn Staaten wie Italien und Spanien an der Reihe sind und die Rettungsschirme übergroß werden. Auf der einen Seite der Binnenmarkt mit gemeinsamen Regeln, das Schengen-Abkommen, die Niederlassungsfreiheit, die gemeinsame Währung. All diese wunderbaren neuen Möglichkeiten. Und gleichzeitig auf der anderen Seite die ungebrochene, ja sogar zunehmende Souveränität der Nationalstaaten und ihrer Parlamente. Die hat das Bundesverfassungsgericht übrigens vor zwei Jahren mit seinem Urteil über den Lissabon-Vertrag schon einmal gestärkt, vielleicht mit Blick auf seine eigene Rolle und Zukunft. Jetzt also ein zweites Mal. Das ist der Versuch, beides zu haben, sowohl die gemütliche Intimität der bisherigen Kleinstaaterei als auch die geballte ökonomische Weltmacht des ganzen Kontinents. Und das passt eben nicht zusammen. Das Urteil vom Mittwoch hält übrigens aus einem weiteren Grund vor der Wirklichkeit nicht stand: Die Europäische Zentralbank kauft derzeit massiv Schulden anderer Euro-Staaten auf und macht sie so zu gemeinsamen Schulden aller ihrer Anteilseigner, auch Deutschlands. Ganz ohne Parlamentsbeteiligung. Europa braucht jetzt Politiker, die die Vision der Vereinigten Staaten von Europa haben. Nicht als Kopie der USA, nicht als gesichtslosen Superstaat. Europa bleibt ein Kontinent der Vielfalt der Kulturen und Sprachen, der vielen Identitäten. Das macht ihn aus. Aber in der Wirtschafts- und Finanzpolitik muss sich Europa weit mehr als heute als Einheit verstehen, um in der Welt der Großen mithalten zu können. Und zwar als eine Einheit, die auch wirklich funktioniert, ohne die komplizierten Mechanismen europäischer Räte, die letztlich nur die verkappte Fortsetzung der nationalen Eitelkeiten sind. Das geht nur durch die Abgabe von Souveränitäten. Die gemeinsame Wirtschaftsregierung ist dafür so eine Idee, ebenso der europäische Finanzminister. Ganz sicher machbar ist auch eine gemeinsame Armee für Außeneinsätze. Aber wer in Deutschland außer Ursula von der Leyen will diese Vereinigten Staaten von Europa? Stattdessen überall nur Misstrauen, Angst vor der Wahrheit, Populismus und Vorbehalte nationaler Parlamente. Das kann, wenn man aus einer Kasse lebt, nicht lange gut gehen.

Quelle: Lausitzer Rundschau (ots)

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