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WAZ: Die Linkspartei will regieren

Archivmeldung vom 17.05.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.05.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Im Koalitionspoker sortieren die Spieler ihr Blatt. Die SPD muss sich entscheiden: Ist Rot-Rot-Grün ein Bluff oder eine Chance? Seit dem Wochenende spielen die Sozialisten den Sozialdemokraten in die Karten. Hannelore Kraft und Sylvia Löhrmann müssten sich freuen. Studiengebühren weg, mehr Mitbestimmung, kein Sparen im öffentlichen Dienst, Verzicht auf Verstaatlichung der Energiebetriebe usw.

Da sich die DDR ja inzwischen erledigt hat (gottlob): Was wollen die rot-grünen Frauen eigentlich noch verlangen, zu dem die Linkspartei zwingend "Nein" sagen müsste? Vielleicht trauert nun ja doch der eine oder andere Sozialdemokrat der traditionelleren Art der Möglichkeit hinterher, der Linken abzusagen. Vielleicht trauert nun ja doch der eine oder andere Kommunist der traditionelleren Art der Möglichkeit hinterher, den Sozialdemokraten abzusagen. Deren heimlicher Chef Gregor Gysi etwa. SPD-Chef Sigmar Gabriel findet es einen Skandal, dass die Freidemokraten nicht mit SPD und Grünen reden möchten. Da kann man Gabriel durchaus Recht geben, wobei Gabriels NRW-Genossen den FDP-Vorsitzenden Pinkwart auch hätten freundlicher behandeln können. Stattdessen wurde (zuerst von Grünen oder Pinkwarts Partei- "Freunden"?) das Gerücht in die Welt gesetzt, dem "Pinki" gehe es vor allem um Pinkepinke. Dummerweise hat der umtriebige liberale Professor mehr Geld nach Hause geschleppt als der liberale Wissenschaftsminister. Gabriels Hinweis, demokratische Parteien müssten gesprächsfähig bleiben, muss man ernst nehmen. So ernst, dass Gabriel im Zweifel übel davon wird. Wenn die FDP gefälligst eine Ampel machen soll, weshalb dann die Grünen eigentlich keine Koalition mit CDU  und FDP? Genau besehen sollte den Grünen Jamaika leichter fallen als den Liberalen die Ampel: Die Grünen kommen aus einer Position der Stärke, die Liberalen aus einer der Schwäche. Noch zwei Anmerkungen zum Thema Ampel. Erstens: Scheitert Rot-Rot-Grün doch, weil etwa die SPD auf viele Parteiaustritte verzichten möchte, ist die Ampel wieder im Spiel. Zweitens: Dann wird man fragen, wer bei der FDP dagegen war und warum. Das Hauptmotiv hat Außenminister Westerwelle. Er muss befürchten, dass ihn die CDU-Kanzlerin rauswirft, wenn die FDP in Düsseldorf so gerne mit der SPD geht. So gerne, wie übrigens die CDU mit den Grünen gegangen wäre. Schon vergessen, Angie? Aber beim Poker zählen die Nerven, nicht die Moral.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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