Börsen-Zeitung: Alles richtig gemacht
Archivmeldung vom 07.09.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.09.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Europäische Zentralbank (EZB) hat eine wichtige Schlacht erfolgreich geschlagen - und das gleich an mehreren Fronten. Nach der gestrigen Entscheidung des EZB-Rates, das Leitzinsniveau im Euroraum unverändert bei 4% zu lassen und zugleich ein zusätzliches Refinanzierungsgeschäft mit einer Laufzeit von drei Monaten anzukündigen, hat EZB-Präsident Jean-Claude Trichet mehrere zentrale Botschaften ausgesandt.
Zum einen hat er klipp und klar gesagt, dass die Notenbank die
Funktionsfähigkeit des Geldmarktes unter allen Umständen ("at any
price") sicherstellen werde. Diese ist seit Anfang August erheblich
gefährdet, da sich Banken untereinander kaum mehr Geld ausleihen
angesichts der gestiegenen Ausfallrisiken durch die amerikanische
Hypothekenmarktkrise. Die zeitgleiche Ankündigung einer zusätzlichen
umfangreichen Finanzspritze der EZB untermauert diese Botschaft, den
Geldmarkt zu stützen. In dieser Situation hätte eine
Leitzinserhöhung, die vor vier Wochen eigentlich noch beabsichtigt
gewesen war, fatale Folgen haben können. Der Verzicht darauf ist
konsequent.
Zum zweiten hat der oberste Währungshüter eine scharfe Grenze
gezogen zwischen den Problemen am Geldmarkt und dem primären Mandat
der Notenbank: der Sicherung eines stabilen Preisniveaus. Es ist
Trichet gelungen, überzeugend darzulegen, dass die Sorgen der EZB vor
mittelfristigen Inflationsgefahren nicht gebannt sind. Die
Kreditkrise ist noch nicht außerhalb des Bankensektors angekommen.
Wenn der Interbankenmarkt wieder eigenständig und reibungslos
funktioniert, wird die EZB demnach den aufgeschobenen Zinsschritt
vollziehen. Der "tightening bias" bleibt also erhalten, wie es unter
Zentralbankbeobachtern heißt.
Natürlich weiß niemand, wann die Finanzkrise beendet sein wird. Und in der Tat ist es ungewiss, ob sie sich nicht noch ausweiten wird, weswegen Trichet auch gut daran getan hat, weder einen konkreteren Termin für einen möglichen weiteren Zinsschritt zu nennen noch weitere technische Eingriffe als Option zumindest auszuschließen. Aber da die Zentralbanker ihre Urteile in Echtzeit fällen und zugleich die Wirkungen ihrer Aktionen an derzeit hochnervösen Märkten antizipieren müssen, hat die EZB zumindest gestern alles richtig gemacht.
Quelle: Pressemitteilung Börsen-Zeitung