Ostsee-Zeitung: Kommentar zur deutschen Reisediplomatie
Archivmeldung vom 14.07.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSommerzeit ist Reisezeit. Während es viele Bürger jetzt nach Frankreich, Italien oder Österreich zieht, konzentriert sich die deutsche Reisediplomatie auf den Osten. Bundespräsident Wulff weilte gestern in Warschau, Kanzlerin Merkel hebt heute Richtung Russland, China und Kasachstan ab und Außenminister Westerwelle checkt über Russland nach Zentralasien durch.
Deutschland - als Transatlantik-Partner und EU-Mitglied im Westen fest verankert - tut gut daran, stets neue Brücken gen Osten zu schlagen. Schon immer hing seine Sicherheit und sein Wohlstand entscheidend von der Welt weit jenseits von Oder und Bug ab. Bismarcks Dreikaiserbündnis, Rathenaus Rapallo-Abkommen, Brandts Ost-Verträge oder Kohls "Sauna-Diplomatie" sind Lehrstücke deutscher Außenpolitik. Und mit China brummt im Osten längst ein weiterer Motor des globalen Wandels. Ob Währungsfragen, Klimawandel, Energiesicherheit oder Anti-Terror-Kampf - wenn Peking nicht nickt, bewegt sich kaum noch etwas in der großen Politik. Merkel wird daher nicht nur nationale Interessen vortragen, sie wird auch zuhören müssen.
Quelle: Ostsee-Zeitung