Börsen-Zeitung: Kopper am Zug
Archivmeldung vom 10.11.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWas bei der HSH Nordbank alles so abging hatte schon einen hohen Unterhaltungswert. Untergeschobene Beweise, um unliebsame Manager gleich im Doppelpack abzuservieren, Bespitzelungen, Schlapphutgeschichten, das hatte schon was. Aber irgendwann drängte sich die Frage auf, was eigentlich die Leitungsorgane zu den ganzen Skandalen meinen.
Bei der HSH ging es seit Monaten hin und her. Irgendwie drängt sich der Eindruck auf, dass es eine Seite mit der Aufklärung der Vorwürfe nicht besonders eilig hat, gesetzt den Fall natürlich, dass diese auch zutreffen. Dies widerstrebt dem üblichen Erledigungsprinzip völlig. Wenn Vorwürfe bestehen, müssen diese schnell abgeklärt werden. Gelesen, gelacht (oder nicht) und dann gelocht.
Ob die Bank durch die jetzt von Hamburg und Kiel im Paarlauf versuchte Auswechselung des Spitzenmannes wieder zur Normalität zurück findet, wäre ihr zu wünschen. Aber dieses Drama dürfte sich nur verlängern.
Politisch kraftvolles Handeln sieht anders aus. Beide Länder richten an Aufsichtsratschef Hilmar Kopper lediglich die Bitte, die erforderlichen Schritte einzuleiten, um eine Trennung von Dirk Jens Nonnenmacher herbei zu führen. Windelweicher kann man einen als notwendig erachteten Wechsel kaum herbei führen.
Wie es scheint, liegt der Ball jetzt bei Kopper. Dass dieser auf die nächste ordentliche Aufsichtsratssitzung am 2. Dezember verweist spricht Bände. Politik trifft auf Aktienrecht. Dass Kopper diese Art von politischer Einmischung nicht gefällt, ist offensichtlich. Ein Aufsichtsratsvorsitzender einer Aktiengesellschaft ist kein Vollzugsgehilfe von Landesregierungen, bei denen sich die politische Dynamik verselbständigt hat.
Natürlich ist Nonnenmacher als Vorstandschef auch für das trostlose Bild der HSH in der Öffentlichkeit mit verantwortlich. Keine Frage. Aber was mutet die Politik dem Aufsichtsrat zu, der erst vor wenigen Wochen erneut eine Vertauenserklärung für Nonnemacher abgegeben hat? Anlass waren die Gutachten von WilmerHale und der KPMG. Einmal ging es um die Entlassung des Vorstandsmitglieds Roth und einmal um die Sicherheitsfirma Prevent. Festgestellt werden konnte kein schuldhaftes Verhalten von Nonnenmacher. Die Politik glaubt vermutlich, aus dem Schneider zu sein. Sie ist es nicht.
Quelle: Börsen-Zeitung