LVZ: Krisenmanagement
Archivmeldung vom 04.04.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.04.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSachsens Ministerpräsident Georg Milbradt hat recht. Das derzeitige Hochwasser ist nicht mit der Flut von 2002 zu vergleichen und der Freistaat ist diesmal auch wesentlich besser vorbereitet. Den Bewohnern in den betroffenen Gebieten hilft diese Erkenntnis aber nur wenig.
Die materiellen Schäden und psychischen Belastungen werden
dadurch kaum geringer. Was hängenbleibt, ist: Eine bessere
Vorbereitung muss offenbar noch lange keine gute sein. Das aber sorgt
für Unmut vor Ort. Deshalb ist Milbradt gut beraten gewesen, die
Lackschuhe mit den Gummistiefeln zu vertauschen. Ein gelungenes
Krisenmanagement schafft an der Basis erfahrungsgemäß mehr Sympathien
als Jahre kontinuierlichen Regierens.
Vor diesem Hintergrund stellt sich erneut die Frage, wie es wirklich
um den Hochwasserschutz in Sachsen bestellt ist. Dass bisher
lediglich an der Elbe Katastrophenalarm herrscht, liegt schließlich
nicht an einem ausgeklügelten Abwehrsystem, sondern an dem
glücklichen Umstand, dass aus Erzgebirge und Vogtland diesmal weniger
Regenwasser kam als vor vier Jahren. Bei ähnlichen Bedingungen hieße
es jetzt in Grimma, das noch immer an seiner Hochwasserschutzmauer
experimentiert, erneut: Land unter. Und der eine oder andere Spender
in Ost oder West würde sich vermutlich verwundert die Augen reiben,
warum trotz aller Gelder keine Besserung eingetreten ist. Angesichts
der Diskussion um die Verwendung der Solidarpaktmittel und den Ausbau
der Infrastruktur eher schlechte Voraussetzungen, um einen erneuten
Transfer von West nach Ost in Gang zu setzen. Auch die hastig
angesetzte Suche nach übrig gebliebenen Fluthilfegeldern wirkt in
diesem Zusammenhang nach außen wenig vertrauensbildend.
Fest steht, dass viele Millionen Euro in Studien für den
Hochwasserschutz geflossen sind, die vollständige Umsetzung aber wohl
noch geraume Weile auf sich warten lassen wird. Mal hundert Meter
Damm hier und mal 100 Meter Damm dort, ein Krisenzentrum, eine
Internetpräsentation werden am Ende nicht reichen, um Wassermassen
wie 2002 zurückzuhalten. Klar ist auch, dass es Gelder in dieser Höhe
nicht wieder geben wird, um Häuser in regelmäßigen Abständen
aufzubauen.
So kommt Sachsen auf Dauer nicht umhin, weitere Gebiete preiszugeben.
Dem Schutz der Meißner Altstadt wird künftig womöglich noch ein
anderes Gewicht zukommen als dem einer privaten Eigenheimsiedlung.
Eine schmerzhafte, aber unabänderliche Konsequenz.
Bis dahin aber sind längst noch nicht alle Möglichkeiten
ausgeschöpft. So könnte die immer wieder beschworene Region
Mitteldeutschland an diesem Fall endlich einmal exemplarisch
beweisen, dass sie durchaus handlungsfähig ist. Sowohl ein
koordinierter Einsatz von Polizei und Zivilschutzkräften als auch die
Anschaffung eines Vorrats an transportablen Hochwasserschutzwänden
wären Möglichkeiten, um die in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
wiederkehrenden Fluten gemeinsam zu bekämpfen.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung