Putins letzte Warnung an den Westen?
Archivmeldung vom 30.09.2024
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.09.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer folgende Standpunkt wurde von Thomas Röper geschrieben: "Am Mittwoch wurde in Russland eine Veränderung der russischen Atomdoktrin angekündigt. Was Putin dabei erklärte, war eine deutliche Warnung an den Westen, in der Ukraine und gegen Russland und Weißrussland generell nicht weiter zu eskalieren und zu provozieren. Bisher sah Russlands Atomdoktrin vor, dass Russland Atomwaffen nur einsetzt, wenn es in seiner Existenz als Staat bedroht ist, wenn es selbst atomar angegriffen wird oder wenn seine Fähigkeiten zur atomaren Abschreckung bedroht werden. Russland hat sich bisher das Recht, einen atomaren Präventivschlag durchzuführen, wie es die USA sich ihn in ihrer Atomdoktrin erlaubt haben, verwehrt."
Röper weiter: "Die ständigen Eskalationsschritte des Westens in der Ukraine, wo die militärische Unterstützung mal auf Schutzwesten und medizinisches Gerät begrenzt war, heute aber schwere Kampfpanzer, Kampfflugzeuge und Marschflugkörper umfasst, haben in Russland die Rufe lauter werden lassen, den Westen endlich in seine Schranken zu weisen. Das gilt erst recht, seit der Westen offen darüber diskutiert, der Ukraine zu erlauben, mit aus dem Westen gelieferten Waffen tief im russischen Hinterland anzugreifen.
Ich habe ausführlich über die Diskussion berichtet, die der russische Experte Professor Karaganow angestoßen hat, dem Westen endlich rote Linien nicht nur zu verkünden, sondern auch auf ihre Überschreitung zu reagieren, indem Russland als Warnung militärische Ziele in der NATO angreift, unter Umständen auch mit Atomwaffen, um dem Westen klar zu machen, dass Russland nicht blufft. Die Details seiner Argumentation können Sie in diesem Interview <1> nachlesen, das ich übersetzt habe.
Die Diskussionen im Westen, der Ukraine zu erlauben, mit aus dem Westen gelieferten Waffen tief im russischen Hinterland anzugreifen, ist in Russland ein Dauerthema in den Medien <2> und auch dort wird offen darüber gesprochen, dass die atomare Abschreckung, die verhindert hat, dass der Kalte Krieg zu einem heißen Krieg wurde, nur dann funktioniert, wenn der Westen versteht, dass Russland auch bereit ist, seine Atomwaffen einzusetzen.
Daran scheint man im Westen zu zweifeln, wie die fortgesetzten Eskalationsschritte des Westen zeigen. Aktuell wird bekannt, dass Selensky doch nicht mit Russland verhandeln will <3>, sondern von den USA und dem Westen mehr Waffen und Angriffe auf Russland fordert. Dass es im Westen keine Stimmen gibt, die dem Einhalt gebieten wollen, bestätigt, dass der Westen die Angst vor Atomwaffen verloren hat.
Nun hat die russische Regierung reagiert und am Mittwoch hat der Kreml eine Erklärung des russischen Präsidenten Putin zu Veränderungen der russischen Atomdoktrin veröffentlicht, die Putin bei einer Sitzung des russischen Sicherheitsrates abgegeben hat. Russland hat seine Grenzen für den Einsatz von Atomwaffen offensichtlich deutlich heruntergeschraubt.
Ich habe Putins komplette Erklärung <4> übersetzt und Erklärungen zum Verständnis des Gesagten hinzugefügt.
Die Erklärung begann mit einer längeren Einleitung:
„Guten Tag, verehrte Kollegen!
Wir halten heute eine planmäßiges Treffen zur nuklearen Abschreckung ab, das zweimal im Jahr stattfindet. Und auf der heutigen Tagesordnung steht ein Thema im Zusammenhang mit der Aktualisierung der Grundlagen der staatlichen Politik zur nuklearen Abschreckung.
Zusammen mit der Militärdoktrin ist dies das Dokument, das die russische Nuklearstrategie offiziell definiert und detailliert beschreibt. Zunächst einmal wird darin das Grundprinzip des Einsatzes von Kernwaffen dargelegt, nämlich dass der Einsatz von Kernwaffen eine extreme Maßnahme zum Schutz der Souveränität des Landes darstellt.
Ich betone, dass wir in solchen Fragen immer sehr verantwortungsbewusst vorgegangen sind. Im Bewusstsein der enormen Macht dieser Waffen haben wir uns bemüht, die internationale Rechtsgrundlage für die globale Stabilität zu stärken und die Verbreitung von Kernwaffen und ihren Komponenten zu verhindern.
Heute ist die nukleare Triade nach wie vor die wichtigste Garantie für die Sicherheit unseres Staates und unserer Bürger und ein Instrument zur Aufrechterhaltung der strategischen Parität und des Gleichgewichts der Kräfte in der Welt.
Gleichzeitig stellen wir fest, dass sich die gegenwärtige militärische und politische Situation dynamisch verändert, und das müssen wir berücksichtigen. Dazu gehört auch das Entstehen neuer Quellen militärischer Bedrohungen und Risiken für Russland und unsere Verbündeten.
Es ist wichtig, die Entwicklung der Lage zu prognostizieren und die Bestimmungen des strategischen Planungsdokuments entsprechend an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen.
Im Laufe des vergangenen Jahres haben Spezialisten des Verteidigungsministeriums, des Außenministeriums, des Sicherheitsratsapparats und anderer Stellen eine eingehende, umfassende Analyse durchgeführt und die Notwendigkeit einer Anpassung unserer Ansätze für den möglichen Einsatz von Kernwaffen bewertet. Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Arbeit wurde eine Reihe von Klarstellungen in Bezug auf die Definition der Bedingungen für den Einsatz von Kernwaffen vorgeschlagen.
So wird im Entwurf die Kategorie der Staaten und Militärbündnisse, die der nuklearen Abschreckung unterliegen, sowie die Liste der militärischen Bedrohungen, zu deren Neutralisierung Maßnahmen der nuklearen Abschreckung ergriffen werden, erweitert.“
So weit die Einleitung, danach wurde es interessant:
„Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit noch auf etwas anderes lenken. In der aktualisierten Fassung des Dokuments wird vorgeschlagen, dass eine Aggression gegen Russland durch einen Nicht-Kernwaffenstaat, aber mit Beteiligung oder Unterstützung eines Kernwaffenstaates, als gemeinsamer Angriff auf die Russische Föderation betrachtet werden sollte.“
Damit sagt Putin, dass, wenn beispielsweise die Ukraine (Nicht-Kernwaffenstaat) Ziele tief im russischen Hinterland mit eigenen Drohnen angreift, wie seit letzter Woche einige Male geschehen, und dabei von den USA (Kernwaffenstaat) unterstützt wird, indem die USA der Ukraine beispielsweise die nötigen Aufklärungsdaten oder Bodenkarten zur Navigation ohne GPS <5> zur Verfügung stellen, Russland das gemeinsamen Angriff auf Russland betrachtet. Und zwar mit allen militärischen und atomaren Folgen.
Danach wurde Putin noch konkreter:
„Die Bedingungen für den Übergang Russlands zum Einsatz von Kernwaffen sind ebenfalls klar dargelegt. Wir werden diese Möglichkeit in Betracht ziehen, wenn wir zuverlässige Informationen über einen massiven Start von Luft- und Raumfahrtmitteln und deren Überschreiten unserer Staatsgrenze erhalten. Ich spreche von strategischen und taktischen Flugzeugen, Marschflugkörpern, Drohnen, Hyperschall- und anderen Flugzeugen.“
Letzte Woche gab es Angriffe aus der Ukraine, bei denen weit über hundert Drohnen auf einmal Richtung Russland abgefeuert wurden. Vor allem dürfte dies aber ein Hinweis an die NATO sein, denn im Baltikum und in skandinavischen Staaten <6> wird offen über präventive Angriffe <7> auf militärische Ziele in Russland gesprochen. Russland würde in so einem Fall also möglicherweise nuklear antworten, zumal Russland bei so einem Angriff nicht einmal weiß, ob einige der anfliegenden Geschosse nuklear bestückt sind.
Weiter sagte Putin:
„Wir behalten uns das Recht vor, im Falle einer Aggression gegen Russland und Weißrussland als Mitglied des Unionsstaates Atomwaffen einzusetzen. Alle diese Fragen sind mit der weißrussischen Seite und dem Präsidenten von Weißrussland vereinbart worden. Das gilt auch für den Fall, dass der Gegner mit konventionellen Waffen eine kritische Bedrohung für unsere Souveränität darstellt.“
Da die NATO in Polen an der weißrussischen Grenze massiv aufrüstet, war dieser Punkt wichtig, damit man in der NATO nicht der Meinung ist, Russland könnte vor dem Schutz Weißrusslands zurückschrecken.
Zum Schluss sagte Putin noch:
„Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass alle Klarstellungen sehr genau kalibriert sind und den gegenwärtigen militärischen Bedrohungen und Risiken in Bezug auf die Russische Föderation entsprechen.“
Dimtri Medwedew, der stellvertretende Chef des russischen Sicherheitsrates, hat die Entscheidungen auf Telegram in noch deutlicheren Worten kommentiert. Ich habe seinen Post <8> übersetzt (Hervorhebungen wie im Original).
Beginn der Übersetzung:
Das mit Spannung erwartete Ereignis
Der russische Präsident hat Ansätze für die Neufassung der Grundlagen der staatlichen Politik im Bereich der nuklearen Abschreckung skizziert. Die wichtigsten Änderungen sind folgende:
Eine Aggression gegen Russland durch einen Nichtkernwaffenstaat, aber mit Unterstützung oder Beteiligung eines atomar bewaffneten Landes, wird als gemeinsamer Angriff betrachtet. Jedem ist klar, von welchen Ländern wir sprechen.
Für Weißrussland als unseren engsten Verbündeten wird eine gleichwertige nukleare Verteidigung eingerichtet. Zur „Freude“ Polens und zahlreicher NATO-Pygmäen.
Der massive Abschuss und das Überschreiten unserer Grenze durch feindliche Luft- und Raumfahrtmittel, einschließlich Flugzeuge, Raketen und Drohnen, kann unter bestimmten Bedingungen zum Grund für den Einsatz von Atomwaffen werden. Ein Grund, nicht nur an das verkommene Neonazi-Regime zu denken, sondern an alle Feinde Russlands, die die Welt in eine atomare Katastrophe treiben.
Es ist klar, dass jede Situation, die Anlass zur nuklearen Verteidigung gibt, in Verbindung mit anderen Faktoren bewertet werden muss, und dass der Oberbefehlshaber die Entscheidung zum Einsatz von Atomwaffen trifft. Doch gerade die Änderung der normativen Bedingungen für den Einsatz nuklearer Komponenten durch unser Land kann den Eifer der Gegner abkühlen, die ihren Selbsterhaltungsstrieb noch nicht verloren haben. Und für die Dummköpfe bleibt nur die römische Maxime: caelo tonantem credidimus Jovem Regnare…
Ende der Übersetzung
Quellen
<1> https://anti-spiegel.ru/2024/in-russland-wird-die-forderung-nach-einem-atomschlag-auf-nato-laender-lauter/
<2> https://anti-spiegel.ru/2024/die-gefahr-eines-grossen-krieges-beherrscht-die-russischen-nachrichten/
<3> https://anti-spiegel.ru/2024/was-selensky-den-usa-vorschlagen-will/
<4> http://kremlin.ru/events/president/news/75182
<5> https://anti-spiegel.ru/2024/wie-wird-in-russland-ueber-die-explosionen-in-der-russischen-kleinstadt-toropez-berichtet/
<6> https://de.rt.com/europa/220348-skandinavien-und-baltischen-staaten-bereiten-zweite-front-vor/
<7> https://de.rt.com/europa/219754-estnischer-general-bereiten-raketenangriffe-auf/
<8> https://t.me/medvedev_telegram/531
Quelle: apolut von Thomas Röper