Leipziger Volkszeitung zur Steuerpolitik der Koalition
Archivmeldung vom 24.04.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittReformer aufgepasst: Das Märchen vom unterfinanzierten Staat wird von Mottenkisten-Politikern wieder unters Volk gestreut. Die Absicht ist klar: Um sich vor schmerzhaften Strukturreformen zu drücken, sollen die Bürger zur Kasse gebeten werden, obwohl die Konjunktur und der Standort Deutschland erneut Schaden nehmen können.
Wer, wie die große Koalition, derzeit wenig
für Wieder-Dynamisierung, Flexibilisierung und Entbürokratisierung
der Wirtschaft tut, muss umso heftiger an der Steuerschraube drehen.
Die großen Geld-Eintreiber vernebeln die Fakten: Fast in jedem Jahr
steigen die Staatseinnahmen. Dieser Trend zeichnet sich auch für 2006
deutlich ab. Deutschland hat im internationalen Vergleich
verkraftbare Steuersätze. Rechnet man jedoch Abgaben hinzu, gehört es
zu den traurigen Spitzenreitern. Wer jetzt Steuern erhöhen und
Abgaben senken will, was durchaus Sinn machte, muss den berechtigten
Verdacht ausräumen, dass er am Ende die Bürger nur noch mehr
schröpfen will.
Ein starker Staat mit vielen Verpflichtungen brauche satte Einnahmen,
wird lautstark in der SPD gefordert - obwohl dies längst der Fall
ist. Wenn die zukünftigen Partei-Oberen Beck und Bullerjahn das
Streichen weiterer Subventionen fordern, lassen sie das üppigste
Einsparpotenzial außen vor: Die ausufernden Sozialausgaben. Die
Mehrkosten für Hartz IV sind nur ein Beispiel. Wenn ein Staat - so
wie die Bundesrepublik - mehr als ein Drittel seiner Ausgaben für
Soziales aufwenden muss, kann das auf Dauer durch kein System
erwirtschaftet werden. Statt in den Konsum muss mehr in die
Finanzierung von Arbeit und Investitionen gesteckt werden. Der Staat
muss sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren, anstatt durch
wuchernde Zuständigkeiten Privatinitiative zu erdrücken. Vieles, was
sozial klingt, bewirkt das Gegenteil: Wenn die SPD-Politiker
Schreiner und Wend Erben und Vermögende als noch nicht hinreichend
gemolken ausmachen, ist das die hohe Kunst der Neiddebatte, führt am
Ende aber zu geringeren Investitionen - und damit zu weniger
Arbeitsplätzen.
Damit nicht genug: Die das Wachstum drosselnde
Mehrwertsteuer-Erhöhung ist beschlossen. Auch in der CDU regiert
kollektiver Gedächnis-Verlust: Als Kanzlerkandidatin wollte Angela
Merkel diesen Steuerschock noch durch eine Senkung der Lohn- und
Einkommenssteuer abfedern. Das wurde eilfertig auf dem
Kompromiss-Altar geopfert. Seitdem hagelt es auch aus der Union
Vorschläge zum Abkassieren. Fraktionschef Kauder will einen
Gesundheits-Soli oder gar direkte Steuererhöhungen für ein
Rumwursteln am Gesundheitssystem. Ein Mittelbänkler der CSU empfiehlt
wieder mal die PKW-Maut. Dazwischen sind nur wenige Stimmen der
wirtschaftspolitischen Vernunft zu hören: CDU-General Pofalla
schließt Steuererhöhungen über den Koalitionsvertrag hinaus
kategorisch aus. Der Unions-Finanzexperte Austermann fordert ein
geringeres Mehrwertsteuer-Plus - mit Hinweis auf gestiegene
Staatseinnahmen. Die beiden haben Chancen, Rufer in der Wüste zu
werden.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung