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Börsen-Zeitung: Angst vor der Wahrheit

Archivmeldung vom 31.01.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.01.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Natürlich sucht der UBS-Verwaltungsrat jetzt nach Möglichkeiten, wie Präsident Marcel Ospel zu ersetzen wäre. Er muss es tun - allen gegenteiligen Behauptungen aus der Konzernzentrale zum Trotz. Vieles deutet aber darauf hin, dass man die wichtigste Frage seit der Gründung der Bank nicht mit der nötigen Konsequenz angeht.

So hört man in UBS-Kreisen immer noch das Argument, man könne wegen der Verfehlungen einer Handvoll gieriger Wallstreet-Trader doch nicht das Kind mit dem Bad ausschütten.

So oder ähnlich erklären zur Zeit auch die Verwaltungsräte der Société Générale, weshalb der operative Chef Daniel Bouton seinen Stuhl nicht sofort räumen soll. Das ist kein Zufall, denn in beiden Fällen haben die Räte Angst vor der Wahrheit - mit gutem Grund.

Fest steht, dass sich die Probleme der UBS schon früh angekündigt haben. Schon im Jahr 2005 hatte die Bank die Risiken im Aktiengeschäft um 50% gegenüber dem Vorjahr bzw. im Zweijahresvergleich sogar um 70% gesteigert. Der inzwischen entlassene Finanzchef Clive Standish erklärte die Entwicklung im Mai 2006 mit dem Argument, dass die Margen im gewöhnlichen Aktienhandel für Kunden immer kleiner geworden seien. Um diese Entwicklung zu kompensieren, müsse man halt Geschäfte mit höheren Risiken forcieren, denn schließlich habe die UBS eine weltweit führende Position im Aktienhandel zu verteidigen.

Andere Industrien haben sich mit derlei Strategien schnell in den Abgrund manövriert. Bei der UBS, die auf extrem ertragsstarkes Vermögensverwaltungsgeschäft zurückgreifen konnte, dauerte der Niedergang länger. Ospel und viele hochrangige UBS-Manager haben diese Strategie aktiv unterstützt und fürchten sich jetzt davor, dass ein neuer Präsident die ganze Wahrheit aufdecken könnte. Dann müssten aber nicht nur 1500 Händler in New York und London entlassen werden, wie jetzt geschehen. Auch viele Personen auf der ,Teppichetage' am Zürcher Paradeplatz müssten ihre Pulte räumen, weil sie vor allem von den Erfolgen der Wallstreet-Händler profitierten und selbst zuwenig geleistet haben. Diese Erkenntnis ist schmerzhaft und sie kommt in der Schweiz oder in Frankreich, wo das Geschäftsleben durch starke persönliche Seilschaften geprägt ist, etwas weniger schnell als in Amerika, wo die Rechnung am Ende des Tages immer über die Performance geht.

Quelle: Börsen-Zeitung (von Daniel Zulauf)

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