Neue Westfälische Bielefeld: FDP-Parteitag Jenseits von Westerwelle
Archivmeldung vom 26.04.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie FDP steckt in einer ihrer schwersten Krisen. Die Verwandlung von einer Oppositions- in eine Regierungspartei im Bund hat den Liberalen einen beispiellosen Sinkflug beschert. Bei der NRW-Landtagswahl in zwei Wochen droht ein Desaster. Kein Wunder, dass die tiefe Frustration der Liberalen beim Bundesparteitag in Köln eine Entladung suchte - und fand.
Als Blitzableiter fungierten nicht nur das rot-rot-grüne Schreckgespenst, sondern erstaunlich offen auch die Union und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble, die das Ziel der Steuersenkung immer wieder in Frage stellen. Natürlich lässt die Union gegenüber dem "Kellner" FDP ab und zu den "Koch" heraushängen. Aber die Krise der FDP ist vor allem hausgemacht. Es handelt sich vorrangig um eine Krise des Frontmannes Guido Westerwelle. Er hat seit Regierungsstart weder als Außenminister noch als Parteichef überzeugt. In der Opposition hat er aus den Liberalen mit seiner schlichten Fixierung auf Steuerentlastung eine Ein-Punkt-Partei gemacht und sie autoritär auf seine Person zugeschnitten. Schwarz-Weiß-Parolen reichen in der komplexen Regierungswirklichkeit aber nicht mehr aus. Auch fordert das Außenamt Westerwelle mehr, als er zunächst eingestehen wollte. In Köln kehrt der Parteichef den Staatsmann heraus. Für die Abteilung Attacke ist nun der neue Generalsekretär Christian Lindner zuständig. Das ist eine Zäsur. Die Nach-Westerwelle-Ära hat begonnen. Der Kapitän steht nicht mehr alleine auf der Brücke. Langfristig ist das eine Chance: Junge Politiker wie Lindner oder der Gesundheitsminister Philipp Rösler mit ihrem "mitfühlenden Liberalismus" geben der FDP ein anderes, moderneres Gesicht. Sie zeigen eher intellektuellen Tiefgang und Leidenschaft für Themen jenseits des Mehr-Netto-vom-Brutto-Prinzips.
Quelle: Neue Westfälische