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NRZ: Niemand braucht diesen Gipfel - ein Kommentar

Archivmeldung vom 06.07.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.07.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Der Club der Mächtigen trifft sich in Hamburg. Es ist ein Irrsinn, diesen Gipfel inmitten einer Großstadt abzuhalten. Der Steuerzahler wird weit über 100 Millionen Euro zahlen müssen, damit sich die Staats- und Regierungschefs der G20 für zwei Tage ungestört vom Demonstrationsgeschehen austauschen können. Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zu dem Ertrag, der realistischerweise zu erwarten ist.

Es ist nicht so, als gebe es keinen Redebedarf. Die Welt ist verwundbarer denn je. Der Klimawandel ist eine globale Bedrohung. Alle fünf Sekunden stirbt ein kleines Kind. Die wirtschaftliche Asymmetrie zwischen Arm und Reich ist empörend und wächst. Die Macht multinationaler Konzerne nimmt ebenso so zu wie die Dreistigkeit, mit der sie sich ihren steuerlichen Verpflichtungen entziehen. Zahlreiche Konfliktherde haben gefährliches Eskalationspotenzial, einige der Protagonisten des Gipfels stehen sich ihnen an der Grenze zur Konfrontation gegenüber.

Abermillionen Menschen sind auf der Flucht. Auf dem Gipfel sind auf all diese drängenden Fragen keine zielführenden Antworten zu erwarten. Die Weltmacht USA mit ihrem irrlichternden Präsidenten hat ihre Führungsrolle aufgegeben und keine erkennbare außenpolitische Strategie; sie hat sich vom Klimaschutz verabschiedet und von der Notwendigkeit, im Staatengefüge eine verbindende Rolle zu spielen. Die gemeinsamen Nenner werden im G20-Gefüge immer kleiner und beschränken sich auf wirtschaftliche Belange.

Bundeskanzlerin Angela Merkel fällt die schwierige Aufgabe zu, das Aufeinandertreffen der Alphamänner, Autokraten, Despoten und Demokraten zu moderieren. Sie wird das wie gewohnt mit ruhiger Hand tun. Bilder für die Galerie, die sich im anstehenden Bundestagswahlkampf gut verkaufen lassen. Man wird sich - vielleicht - auf gemeinsame Maßnahmen gegen den Terror einigen; vielleicht nutzen China und Indien auch die Chance, sich nach dem Totalausfall der USA mehr denn je als Partner in Wirtschafts- und Klimafragen zu empfehlen. Gegen den Gipfel wollen Zehntausende demonstrieren.

Es ist breites, buntes Bündnis von Klima- und Umweltschützern, Globalisierungs- und Kapitalismuskritikern bis hin zum gefürchteten Schwarzen Block. Die Stimmen und berechtigten Anliegen derjenigen, die friedlich demonstrieren, werden untergehen, wenn es zu Gewalt kommen sollte. Dafür spricht leider einiges - die Linie der Hamburger Polizei tut ein Übriges, um potenzielle Gewalttäter anzustacheln. Schon vor dem Gipfel steht fest: Niemand braucht ihn. Nicht so, nicht in diesem Format.

Quelle: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung (ots) von JAN JESSEN

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