Lausitzer Rundschau: Die USA ein Jahr vor den Präsidentschaftswahlen
Archivmeldung vom 03.11.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittVor wenigen Monaten noch sah es so aus, als wäre die kommende Präsidentenwahl in den USA schon gelaufen. Das Desaster im Irak schien keinem der republikanischen Kandidaten noch eine Chance zu lassen und die Frage war, wer bei den Demokraten das Rennen macht und damit das Ticket für das Weiße Haus gewinnt.
Aber wenn
Hillary Clinton einer Resolution zustimmt, die aus gutem Grund als
Blankoscheck an Präsident George W. Bush für Angriffe auf den Iran
gewertet wird, so ist dies ein deutliches Anzeichen dafür, dass das
Rennen wieder offen ist. Die Wahl in einem Jahr muss nicht mit einem
Richtungswechsel verbunden sein.
Wer Rudolph Giuliani, dem New Yorker Ex-Bürgermeister und derzeitigen
Favoriten bei den Republikanern, zuhört, wird mit Erstaunen
feststellen, dass er Bush an kriegerischen Sprüchen noch zu
überbieten versucht. Der Mann ist nach seiner Scheidung und wegen
seiner Ansichten zur Abtreibung und zur Homosexualität zwar für viele
der christlichen Fundamentalisten eine Herausforderung. Aber wenn es
gegen Hillary gehen sollte, werden auch sie ihn allemal unterstützen.
Nun steht der Irak-Krieg bei allen Umfragen zwar immer noch mit
weitem Abstand an erster Stelle der Sorgenliste der Nation. Und es
findet sich auch so gut wie keiner, der das Vorgehen der jetzigen
Regierung verteidigt. Zu offensichtlich sind die Fehler, die gemacht
wurden, zu beschämend sind das Maß an Korruption und die
Schamlosigkeit der Kriegsgewinnler. Aber mit der neuen Strategie
einer endlich vom Verteidigungsminister Donald Rumsfeld befreiten
Generalität sind die Verlustzahlen gesunken. Der schnelle Abzug aus
dem Zweistromland ist deswegen auch einer großen Zahl von Wählern
suspekt. Sie wollen sich mit einer ehrenrührigen Niederlage nicht
abfinden.
Vor allem aber wirkt das lähmende Gift der Angst weiter, das seit dem
11. September das öffentliche Leben bestimmt. Es gibt in den USA bis
weit in die Reihen der Demokraten hinein schon längst keine
vernünftige Abwägung mehr zwischen einem verständlichem
Sicherheitsbedürfnis und den Regeln einer offenen, freien
Gesellschaft.
Giuliani spekuliert genau darauf. Er sagt, es sei im Prinzip richtig,
sich mit allen zur Verfügung stehen Mitteln zur Wehr zu setzen. Bush
habe den Krieg nur falsch angegangen und er scheue sich jetzt,
notfalls noch weiterzugehen. Für ihn ist die gewaltsame Abrechnung
mit den Mullahs fast schon unvermeidlich.
Er könnte damit gewinnen - es sei denn, die Amerikaner packt doch die
Angst vor der Angst selbst und vor dem permanenten
Belagerungszustand, der bislang das Maß aller Dinge zu sein schien.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau