Neues Deutschland: zu den Auswirkungen der internationalen Finanzkrise
Archivmeldung vom 08.10.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNicht im Polarmeer, wohl aber in den Defiziten seiner Banken könnte Island versinken. Laut Regierungschef Geir Haarde besteht die »sehr reelle Gefahr« eines Staatsbankrotts.
Die drei größten Banken sind durch spekulative Auslandsgeschäfte so sehr in Schulden geraten, dass der kleine Inselstaat sie »unmöglich« retten kann. Auch für Verstaatlichung ist es schon zu spät. Da im Westen keine Regierung und kein privates Finanzinstitut noch etwas verleihen will, hoffen die Nordländer auf ein paar Milliarden aus Russland. Vielleicht will Moskau, nur zur Sicherheit, dafür einen Anteil am isländischen Festlandsockel zur Ausbeutung der Ölvorkommen im Arktiseis? Das wäre sogar noch glimpflich. Wie die Geschichte lehrt, führt Staatsbankrott nicht selten zu territorialen Neuaufteilungen: Entweder der illiquide Schuldner kapituliert und lässt sich von einem großen Bruder aufkaufen - so wie die DDR von der BRD. Oder aus dem bankrotten Gesamtstaat lösen sich die Teilrepubliken, die schwarze Zahlen schreiben - so wie sich 1990 Kroatien und Slowenien von Jugoslawien getrennt haben, mit Hilfe von Kohl & Co. Bei einer Systemkrise, wie wir sie jetzt erfahren, geht es nicht nur um neue Armut. Es droht der Untergang von Staaten und der Streit um die Konkursmasse. Bei den jugoslawischen Diadochenkämpfen starben über 100 000 Menschen. Die USA haben ihren Sezessionskrieg schon hinter sich. Oder kommt da noch einer?
Quelle: Neues Deutschland