Lausitzer Rundschau: Niederlage von Labour bei Kommunalwahlen in England und Wales
Archivmeldung vom 03.05.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMit dem Satz "I will listen and learn" (Ich werde zuhören und lernen) ist Gordon Brown vor einem Jahr als Premierminister angetreten. Damit wollte der als herrisch und arrogant verschriene frühere Schatzkanzler seine Wandlung zum Wählerversteher dokumentieren.
"I will listen and lead" (Ich werde
zuhören und führen), sagte Brown jetzt nach den spektakulär
verlorenen Kommunalwahlen. In seinem ersten Amtsjahr hat Brown
womöglich zu viel zugehört und offensichtlich zu wenig gelernt. Zu
wenig geführt hat er auf jeden Fall. Den Mann, der einst die
britische Wirtschaft mit sicherer Hand steuerte, kennzeichnen nun
Sprunghaftigkeit und Wankelmut. Das führte zu der schweren Niederlage
in der ersten Abstimmung überhaupt über Brown. Die Nachfolge Tony
Blairs hatte er per Akklamation durch die Labourpartei, aber ohne
Legitimation durch die Wähler angetreten. Bis 2010 hat Brown Zeit,
die nächsten Unterhauswahlen ausrufen zu lassen.
Ausgerechnet dem einst erfolgreichen Finanzminister wird offenbar
nicht zugetraut, das Land in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu
führen. Sein Abstieg zum Zauderer begann, als Brown seinen Beratern
zuhörte und Unterhauswahlen, mit denen auf der Insel im Herbst
gerechnet worden war, wegen fallender Umfragewerte kurzfristig
abblies. Und dieser Niedergang erreichte in den Tagen vor den
Kommunalwahlen einen vorläufigen Tiefpunkt. Auf Browns ureigenem
Gebiet, bei der Steuerpolitik, machte die Labourregierung eine
spektakuläre Kehrtwende. Eine im Haushaltsplan verkündete Änderung
der Steuersätze wurde verwässert. Es hatte sich herausgestellt, dass
die neuen Sätze Geringverdiener stärker belasten. Brown bekam Angst
und kündigte Kompensationspakete an. Mit der Folge, dass es jetzt
Zweifel am Gesamtbudget gibt.
All das spielt David Cameron in die Hände. Doch der konservative
Oppositionsführer weiß, dass er trotz des jetzigen Erfolges noch
längst nicht am Ziel ist. Zum einen sind bei Kommunalwahlen immer
auch lokale Themen wichtig - trotz allen Test- und Protestcharakters
für das ganze Land. Zum anderen ist der landesweit hohe Stimmenanteil
für die Konservativen ein wenig verlässlicher Gradmesser für
Unterhauswahlen. Denn im britischen Mehrheitswahlrecht geht es nicht
um Zahl und Prozentsatz der Stimmen im Land, sondern um die Mehrheit
der Wahlkreise, die gewonnen werden muss, um das Vereinigte
Königreich zu regieren. Das relativiert auch die auf den ersten Blick
einschneidende Meldung, dass Labour bei den Stimmanteilen jetzt
hinter die Liberaldemokraten auf Platz drei zurückgefallen ist.
Browns Partei schöpft Hoffnung aus dem Vergleich dieser Niederlage
mit den vergangenen Kommunalwahlen. Auch damals verlor Labour
deutlich - um dann die Unterhauswahlen 2005 doch zu gewinnen.
Seinerzeit allerdings hatten Partei und Regierung in Tony Blair einen
charismatischen Chef. Die Opposition wurde von Michael Howard
geführt, einem weiteren typischen Übergangskandidaten, dem eine
Erneuerung der Partei nicht zugetraut wurde. David Cameron hat diese
geschafft.
Quelle: Lausitzer Rundschau