Boersen-Zeitung: SAP patzt
Archivmeldung vom 14.07.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Start in die Quartalssaison ist mächtig in die Hose gegangen. Ausgerechnet der Vorzeigekonzern SAP strauchelt, ausgerechnet beim Lizenzwachstum, der wichtigsten Maßgröße im Softwaregeschäft, bleiben die Walldorfer weit hinter den Analystenerwartungen zurück.
In einem verunsicherten Markt, von der
Angst gezeichnet, einem Markt, in dem jede kleine Zielverfehlung als
Indiz für eine weitere Korrektur begriffen wird, in diesem Umfeld ist
der Patzer eines Weltmarktführers schlichtes Gift. Die ohnehin sehr
hoch gewettete Aktie von SAP sackte zwischenzeitlich fast 10% ab und
zog den Dax ins Minus. Nur Schering notierten leicht im Plus.
Schlimmer hätte es kaum kommen können.
Gestrauchelt ist SAP vor allem an den hochgeschossenen
Erwartungen. Wer angesichts der Umbrüche in der Softwarearchitektur
und des laufenden Konzentrationsprozesses in der Branche von
"außergewöhnlichen Wachstumsperspektiven" spricht, wie
Aufsichtsratschef und Mitbegründer Hasso Plattner, wer die von
Hauptwettbewerber Oracle aggressiv zusammengekaufte Softwaregruppe
nur als Pool unzufriedener Kunden darstellt, aus dem man sich quasi
ganz nach Laune bedienen kann, und wer mit Verweis auf diese Chancen
dem Management ein 100-Mill.-Euro-Sonderbonus-Programm auflegt, darf
sich nicht wundern, wenn die Anleger sehr viel erwarten.
Tatsächlich hat der Vorstand keine schlechten Zahlen vorgelegt.
Das seit dem Auftaktquartal von plus 25% auf "nur noch" plus 16%
gefallene Wachstum auf dem Wachstumsmarkt USA - der augenfälligste
Rückgang - ist vor allem dem schwachen Dollar geschuldet.
Währungsbereinigt hätten die Walldorfer die Erlöse sogar um 5 Punkte
auf 20% hochgefahren. Bei der Entwicklung der Rentabilität hat das
Management die Prognosen sogar übertroffen.
SAP konnte die Anleger dennoch nicht überzeugen. Mehr noch: Obwohl
Konzernchef Henning Kagermann sämtliche Jahresprognosen bestätigte -
angefangen vom Wachstum des Lizenzumsatzes bis hin zum detaillierten
Ergebnis je Aktie -, nahmen die Investoren reißaus. Die
Auftragsbücher seien gut gefüllt, und dass sich Aufträge von einem
ins andere Quartal verschieben, das passiert schon mal, sagte
Kagermann. "Quartalssaisonalität, nichts Fundamentales." Die
Börsenreaktion spricht nicht dafür, dass die Investoren diese Lesart
teilen.
Quelle: Pressemitteilung Börsen-Zeitung