WAZ: Moralischer Sündenfall Zumwinkel
Archivmeldung vom 18.02.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittJürgen R. Thumann hat die Faxen dicke. Der Präsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) fordert die Ausgrenzung krimineller Manager: "Wir werden uns nur vor diejenigen stellen, die nach Recht und Gesetz, Ehre und Gewissen arbeiten. Wer das nicht akzeptiert, gehört nicht mehr dazu."
Wie weit will Thumann mit dieser guten Forderung gehen? Die
Spitzen unserer Wirtschaft pflegen den Kontakt in feinmaschigen
Netzwerken. Man kennt sich, man hilft sich und man tauscht sich aus.
Und mit Sicherheit kann man davon ausgehen, dass beim Golfen auch
schon mal von der einen oder anderen Ausgebufftheit, seine Millionen
verschlagen an der Steuer vorbei zu managen, die Rede ist. Was tun
dann die integeren Manager? Weghören? Das ist zu wenig. Wir brauchen
in der Wirtschaft eine Kultur der Aufrechten. Diese sollten, wann
immer ihnen eine finanzielle Schweinerei zu Ohren kommt, dem massiv
entgegentreten. Die Raffkes gehören durch andere Manager unter Druck
gesetzt. In den eigenen Reihen unserer Wirtschaftslenker dürfen die
schwarzen Schafe keine Ruhe mehr haben. Edelmänner sind nicht die
gewieften Abzocker, sondern allein die ehrenwerten Manager, deren
Handeln sich auch am Allgemeinwohl orientiert.
Der unbekannte Informant, der Zumwinkel und Co. ans Messer
geliefert hat, gehört nicht zu den Edelmännern. Denn die Triebfeder
für seine Indiskretion ist die gleiche wie bei den Opfern seines
Verrats: blanke Geldgier. Fünf Millionen Euro sind an den Informanten
geflossen. Diese Investition ist für die Behörden ihr Geld wert. Aber
es zeigt auch, dass der Rechtsstaat sich offensichtlich in der
Grauzone zur Kriminalität bewegen muss, windigen Personen Geld in den
Rachen wirft, um die perfiden Machenschaften der Steuerhinterzieher
und der Banken zerschlagen zu können.
Machen wir uns allerdings über die allgemeine Verfasstheit
unseres Gemeinwesens nichts vor. Was Zumwinkel im Großen gemacht hat,
machen viele Bürger im Kleinen. Bei den Steuererklärungen wird
getrickst und Schwarzarbeit ist auch nichts anderes als
Steuerhinterziehung.
Klaus Zumwinkel könnte im Übrigen durch eigenes Zutun vom
Steuerschuft zum reuigen Edelmann werden. Er könnte seine monatlichen
Altersbezüge in Höhe von rund 90 000 Euro bis auf - sagen wir mal 10
000 Euro (davon lässt sich auch sehr gut leben) - spenden und dafür
meinetwegen die Stiftung "Ehre und Moral in der Wirtschaft" gründen.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Wilhelm Klümper)