Rheinische Post: Blairs müde Riege
Archivmeldung vom 06.05.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFalls Tony Blair an 1997 zurückdenkt, muss er sich fühlen, als habe er damals auf einem anderen Stern gelebt. Überall Aufbruch, Jubel, Ärmel-Aufkrempeln. Die Briten fühlten sich gut, und dieser strahlend lachende Bursche an der Regierungsspitze, der war ihr Symbol, den trugen sie auf Händen.
Heute wirkt der Superstar nur noch
müde. Seiner Mannschaft ergeht es so wie allen, die lange regieren.
Erschöpfung macht sich breit, es fehlt an Ideen, aber nicht an
Skandalen. Blairs Kabinett scheint in dieser typischen Endphase zu
stecken. Und die Wähler haben den Ermatteten einen kräftigen
Denkzettel verpasst. Zwar war es nur eine Kommunalwahl, aber allemal
ein wichtiges Barometer. Man spürt, wie die Stimmung sich dreht.
Viele wollen den Wechsel. Zumal die konservative Opposition,
jahrelang als Steinzeitrelikt abgeschrieben, neue, frische Gesichter
anbietet, wenn auch noch keine Konzepte.
Der Befreiungsschlag, den Blair in dieser Zwickmühle probt, ist
eigentlich keiner. Mit einer großen Kabinettsumbildung versucht er,
Signale zu senden: Okay, ich habe verstanden. Doch die neu vergebenen
Schlüsselposten hat er allesamt mit Loyalisten besetzt, mit blassen
Politikern, die vor allem eines auszeichnet: dass sie fest zu Blair
stehen.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post