Lausitzer Rundschau: Zweite Halbzeit der Großen Koalition
Archivmeldung vom 18.08.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Sommerloch ist praktisch zugeschüttet. Wenn die Große Koalition in der kommenden Woche zu ihrer Klausur im brandenburgischen Meseberg zusammenkommt, soll wieder große Politik gemacht werden. In Wahrheit machen die Beteiligten gute Miene zum bösen Spiel. Einen politischen Stillstand kann sich niemand leisten.
Auch die Landtagswahlkämpfe des kommenden Jahres werfen schon ihre
Schatten voraus. Sie bilden den Auftakt für das große Wahlfinale im
Bund Ende 2009. Wer wollte ernsthaft daran glauben, dass die beiden
Volksparteien ausgerechnet in der zweiten Halbzeit ihrer
Zwangsgemeinschaft noch zu einschneidenden Reformen fähig sind? Auf
der Klausurtagung Anfang 2006 in Genshagen überwog der wechselseitige
Eindruck, dass der andere doch gar nicht so furchtbar wirkt, wie im
Bundestagswahlkampf beschworen. Davon ist wenig übrig geblieben.
Inzwischen klopfen die Parteistrategen jeden unabgestimmten Vorstoß
auf seine nachteilige Wirkung für das jeweils andere Lager ab. Nun
ist es nicht etwa so, dass der Regierung die Arbeit auszugehen droht.
Nur sind die meisten Projekte eben schon längst angeschoben. Sie
reichen von der Reform der Erbschaftssteuer über die
Bahn-Privatisierung bis zur Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen
Bund und Ländern. Hier ist noch genug Ärger programmiert. Die meisten
Bürger interessiert freilich eher, wann und wie der wirtschaftliche
Aufschwung auch bei ihnen ankommt. In Meseberg wird deshalb noch
einmal über die Mitarbeiterbeteiligung geredet. Union und SPD
verfügen zwar über unterschiedliche Konzepte, damit Arbeitnehmer vom
Gewinn der Unternehmen profitieren können. Aber so hoch sollten die
ideologischen Hürden nicht sein, um eine vorzeigbare Lösung zustande
zu bringen. Vorstellbar ist auch, dass die Regierung den Beitrag zur
Arbeitslosenversicherung über das bislang verabredete Maß hinaus
reduziert. Die beschlossene Beitragserhöhung in der
Pflegeversicherung lässt sich damit allerdings nicht vom Tisch
wischen. Auch in der Krankenversicherung droht Ungemach: Im Zuge der
Gesundheitsreform muss die Regierung Ende 2008 erstmals einen
Einheitsbeitrag für die gesetzlichen Kassen festlegen. Er soll die
Kosten von AOK bis BKK abdecken. Das heißt, für Millionen Mitglieder
in bislang preisgünstigen Kassen wird es spürbar teurer.
So kommt der ganze Reform-Murks dieser Koalition noch einmal in
schmerzliche Erinnerung. Die aktuellen Meinungsumfragen lassen indes
ahnen, dass die Zwangsgemeinschaft von Union und SPD bei allem
Gewurstel noch eine Neuauflage erleben könnte. Nicht, dass sich die
Bürger danach verzehren. Aber die Aussicht auf eine Koalition aus
drei Parteien begeistert noch viel weniger.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau