Rheinische Post: Die bittere Lehre von Reichenhall
Archivmeldung vom 04.01.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Zeit der Trauer ist nicht die Zeit, in der sich öffentlich schmerzhafte Fragen diskutieren lassen. Bad Reichenhall steht unter Schock. Die Trauer lähmt. Mindestens elf Todesopfer, darunter viele Kinder, sind nach dem Einsturz der Eishalle zu beklagen. Das ist ein schwerer Schicksalsschlag, den die Angehörigen, die Freunde und die Gemeinschaft als Ganzes erst einmal verkraften müssen.
Doch das Unglück von Bad Reichenhall war eben nicht nur ein schwerer
Schicksalsschlag, sondern am Ausgangspunkt stand auch menschliches
Versagen. Dass Kinder unter akuter Lebensgefahr fröhlich Schlittschuh
liefen, während für Hockey-Spieler aus Sicherheitsgründen das
Training in der Eishalle abgesagt wurde, ist eine denkbar bittere
Vorstellung. Das Bitterste an der Katastrophe ist, dass sie nach
heutigem Ermessen vermeidbar gewesen wäre. In einer hoch
technisierten Welt werden Gefahren - die Grenzen von Material, die
Gefahren des Wetters - oft als etwas rein Theoretisches erfahren. Wer
aber Verantwortung nur noch als Formalie, nicht als seine ganz
persönliche Aufgabe versteht, ist eine Gefahr für sich und andere.
Dies gilt in vielen Lebensbereichen. Menschliches Versagen ist nie
auszuschließen. Seine Grenzen aber ständig verantwortungsvoll im
Blick zu haben, könnte zumindest dazu beitragen, Leid durch
persönliche Fehler zu verringern. So betrachtet, reicht die Lehre von
Bad Reichenhall weit über Bad Reichenhall hinaus.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post