Rheinische Post: Merkels Rücktrittsverein
Archivmeldung vom 19.07.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas kann kein Zufall mehr sehr sein. Wenn sechs CDU-Regierungschefs innerhalb von nur einem Jahr mehr oder weniger freiwillig ihren Hut nehmen, dann stimmt was nicht mit der Partei und dem politischen System. Zehn Jahre, nachdem Angela Merkel die Parteispitze übernommen hat, vermitteln viele in der CDU den Eindruck der Amtsmüdigkeit und Politikverdrossenheit. Von Begeisterung am Mitgestalten der Politik keine Spur.
Ole von Beust hinterlässt in Hamburg nicht nur viele offene Baustellen, etwa die der Elbphilharmonie mit ihren ins Astronomische wachsenden Kosten. Auch das von von Beust vor zweieinhalb Jahren gestartete schwarz-grüne Experiment bleibt unvollendet. Das Prestigeprojekt dieser ersten schwarz-grünen Koalition auf Landesebene, die Schulreform, stößt auf große Enttäuschung in der Stadt. Für Angela Merkel ist der Rücktritt des Hamburger Bürgermeisters mehrfach problematisch: Persönlich verliert sie mit von Beust einen, der ihr Rat und Rückhalt gegeben hat. In ihrer Partei muss sie erklären, warum sie gute Leute nicht halten kann oder will. Der CDU gehen erfahrene, "bühnentaugliche" und in der Bevölkerung beliebte Protagonisten verloren. Merkel steht bald ganz alleine da. Und nicht zuletzt hat die von Merkel ersehnte schwarz-grüne Machtoption einen Kratzer bekommen.
Quelle: Rheinische Post