Rheinische Post: Müde vor dem Start
Archivmeldung vom 26.10.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittErst sondierte man. Dann wartete man auf den großen Kassensturz in deutschen Landen - fast so, als könnte aus der Kasse unerwartet noch ein großer Geldklumpen herauspurzeln. Und jetzt spielen Union und SPD das unerquickliche Spiel "Wie sag' ich's meinem Volke?" Die große Koalition vor dem Start - das ist vor allem das große Kartell des Schweigens. Genauer: des Verschweigens.
Einstweilen hoffen beide Seiten, dass die andere sich zuerst mit
üblen Nachrichten aus der Deckung traut. Doch fast sechs Wochen nach
der Wahl sollte sich das politische Führungspersonal nicht länger
hinter Tarn-Hinweisen wie "Subventionsabbau" verstecken. Union und
SPD müssen beim Namen nennen, wo was eingespart oder vom Staat
zusätzlich hereingeholt werden soll. Die verhuschten Spar-Andeutungen
und peinlichen Phrasen zeigen, dass trotz der oft beschworenen
Finanzmisere die Zeit offenbar noch nicht reif ist für klare Ansagen.
Mit der Masche ist im Laufe der Jahre die Debattenkultur
heruntergekommen: Es wird so lange über halbgare Konzepte und
mögliche Abstriche diskutiert, bis die meisten Bürger vom Reden und
Zerreden so genervt sind, dass für die eigentliche Reform kaum Kraft
bleibt. Reformmüdigkeit auf die deutsche Art.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post