Die Leipziger Volkszeitung zu Schwarz-Grün/Hamburg
Archivmeldung vom 18.04.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSchwarz-Grün in Hamburg, das ist historisch. Natürlich. Da genügte gestern allein schon ein Blick auf die beleidigten Leberwürste drum herum. Plötzlich sind noch andere auf dem Koalitionsbänkchen - und schon relativiert sich das mächtige Macho-Gehabe des Herrn Lafontaine, das nervöse Säuseln des Guido Westerwelle und das so künstlich auf selbstbewusst gemachte Poltern eines Kurt Beck.
Merkel weist den historischen Kern der von ihr ganz besonders geförderten Hamburger Liaison zurück. Auch das spricht für die große Bedeutung der neuen Verbindung, denn die CDU-Vorsitzende ist nicht nur schwarz-grüne Patin. Für sie ist die Hamburger Öffnung Teil jenes Umgestaltungsprozesses, den sie braucht, um als erfolgreich zu gelten. Die Was-ihr-wollt-Politik, die mal links gewendet, mal rechts ausgelegt, mal mittig oder auch ganz konturlos daherkommt, hat nun die Auswahl. Sollen die anderen Herren in der Union doch jammern. Merkel, so viel steht fest, hat es weit gebracht, auch dank neuer Hamburger Verhältnisse. Kaum je zuvor wurde vertraulicher, verantwortlicher und konstruktiver um eine gemeinsame Agenda verhandelt. Statt Sekt, Selters und Sause gab es zum krönenden Abschluss nüchterne Professionalität. Hier entstand ein zeitlich befristeter Arbeitsvertrag. Bemerkenswertes wie in Sachen Bildung (gemeinsames Lernen, keine Sozialauslese per Studiengebühr) oder bei der integrativen Stadtteil- und Familienpolitik kann sich sehen lassen. Manches davon ist nur großstadttauglich - aber immerhin. Nicht alles ist schon sicher finanziert. Das ist aber Kennzeichen aller Koalitionsverträge, so wie auch die Neigung, ein bis zwei Großstreitfälle auszuklammern, auf eine juristische Klärung zu vertrauen oder auf Zeit zu setzen. Jede Koalition hat ihr "Moorburg". Der Hamburger Bund taugt nicht für Häme.
Quelle: Leipziger Volkszeitung (von Dieter Wonka)