Standpunkte: Kasper und Krokodil
Archivmeldung vom 22.02.2020
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Freigeschaltet durch André OttDie Ablehnung des Ergebnisses der thüringischen Ministerpräsidentenwahl durch Berliner Politiker offenbart ein demokratisches Defizit. Das politische System erscheint vielen als manipulierte Puppenbühne. Wieviel parlamentarische Selbstbestimmung, Diskussion und Vielfalt sind erwünscht?
Was zur Zeit in Thüringen passiert, scheint zu einer Lehrstunde für das ganze Land zu werden. Wie umgehen mit der mächtiger werdenden Partei von Alexander Gauland, Alice Weidel und Björn Höcke – einem Politiker, der einem Gerichtsurteil zufolge als Faschist bezeichnet werden darf? Viele sind überzeugt, die Partei müsse weiterhin hart und konsequent ausgegrenzt werden. Schließlich handele es sich um Nazis, debattieren sei zwecklos und sogar gefährlich, stattdessen müsse man aufstehen und die Feinde der Demokratie mit aller Kraft bekämpfen.
An dieser Stelle endet die Argumentation meistens. Die Losungen erscheinen vielen Menschen einleuchtend, wirken klar und vor allem gerecht: Wir, die Anständigen, gegen sie, die Rückständigen und Bösen. Keinen Fußbreit den Faschisten! Wir sind mehr! Leider ist dieser vermeintlich gerechte Kampf am Ende vor allem eines: selbstgerecht. Denn wer so argumentiert, der hinterfragt selten die eigene Position, ist auch kaum motiviert, Verständnis für die Gegenseite aufzubringen. Man hat schließlich recht: Die Nazis sind Verbrecher, gemeine, rassistische Massenmörder, die in der Vergangenheit erst durch alliierte Bomben und Panzer gestoppt werden konnten. Nun schicken sie sich an, zurückzukehren – das muss um jeden Preis verhindert werden!
Doch abgesehen von der fragwürdigen Pauschalisierung, alle AfD-Politiker seien Nationalsozialisten: Wie soll der wachsende Einfluss der Partei aus Sicht der Kritiker konkret verhindert werden? Will man nicht bloß alle gewählten AfD-Abgeordneten bekämpfen, sondern auch sämtliche Bürger, die dieser Partei ihre Stimme gegeben haben (in Thüringen waren es zuletzt 23 Prozent)? Wenn ja, mit welchem Ziel soll das geschehen? Dass die AfD-Wähler unter dem Druck der Anderen ihrer Haltung abschwören? Dass sie zukünftig den Mund halten? Oder gleich ganz verschwinden („Nazis raus“)? Wenn ja, wohin? Weg aus Deutschland? Weil „wir“, also die AfD-Kritiker, hierzulande „mehr“ sind? Die Frage sollte erlaubt sein: weiterlesen hier.
Quelle: KenFM von Paul Schreyer