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Neue Westfälische: Gabriels Werkstatt

Archivmeldung vom 14.11.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.11.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die SPD hat sich versammelt. Es ist kein einfacher Parteitag, zu dem sich die sozialdemokratischen Delegierten in der Dresdner Messe zusammengefunden haben. Die Wunden der Vergangenheit sitzen tief bei der SPD-Basis. Sehr lange haben sich die einfachen Mitglieder als Opfer der Politik ihrer Führung gesehen: nicht beachtet mit ihren Sorgen, nicht wahrgenommen bei der Meinungsbildung, ungehört bei ihrem Protest gegen die Auswirkungen der Agenda-Reformen.

Vor diesem Hintergrund drohte in Dresden ein Parteitag der politischen Abrechnung, womöglich gar gepaart mit politischer Rache für die in der Vergangenheit von der alten Führung geschlagenen Wunden. Und es prickelte auch gehörig im Saal, als der scheidende Parteichef Franz Müntefering zu seiner einstündigen Lage-Analyse ansetzte. Es zeichnet Müntefering aus, dass er der Versuchung widerstand, von sich aus die politische Abrechnung mit seinen Kritikern zu suchen. Seine moderate, auch kritische Analyse der Gründe für die Wahlniederlage seiner Partei gab den Delegierten die Chance zu der von ihr dringend verlangten kritischen Debatte über Fehlleistungen ihrer Führung in den Regierungsjahren. Und sie ließ zugleich einen Weg offen, den scheidenden SPD-Vorsitzenden trotz aller Kritik in der Substanz weitgehend unbeschädigt in den politischen Ruhestand zu verabschieden. Noch wichtiger allerdings war der Raum, den Müntefering seinem Nachfolger öffnete. Sigmar Gabriel füllte ihn. In einer sehr klug aufgebauten Rede fügte der neue Mann an der SPD-Spitze der schonungslos kritischen Analyse der Wahlniederlage und des Zustandes der SPD Eckpunkte eines neuen sozialdemokratischen Politik-Entwurfs hinzu. Den Sozialstaat bezeichnet Gabriel dabei wieder als Kernprojekt der Sozialdemokratie und definiert es über zehn Gebote einer gerechten Gesellschaft. Prinzip: Wer unverschuldet in Not gerät, hat Anspruch auf die Solidarität der Gesellschaft. Chancen und Zugänge zu Bildung will er für viele, nicht für wenige organisieren. Prinzip: Bildung muss wieder kostenfrei sein vom Kindergarten bis zur Universität. Der Dresdner Parteitag sollte für die SPD ein Auftakt zur Erneuerung sein. Nicht mehr. Nicht weniger. Das hat Gabriel erreicht. Er hat der SPD dabei ein neues, altes Konzept angetragen: Wieder mehr Politik wagen. Und mehr: Gabriel hat der Partei das gegeben, worauf sie in den langen Schröder-Jahren verzichten musste. Eine Rede, die die Mitglieder ernst nahm, die auf sie einging, sie mitriss. Darauf haben sie lange gewartet. Aber Gabriel hat die Delegierten seines Parteitags zunächst nur in eine große Politik-Werkstatt geführt. Ob dort erfolgreich eine neue, linke politische Mitte, gezimmert werden kann, wie der neue Parteichef und seine Delegierten hoffen, muss sich erst noch zeigen. Und auch, ob eine solche linke Mitte, und damit die SPD, wieder mehrheitsfähig werden kann, ist nicht entschieden. Sicher ist nur: Der Weg dahin wird viele Überstunden erfordern.

Quelle: Neue Westfälische

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