Rheinische Post: Geschriebenes Urbi et orbi
Archivmeldung vom 26.01.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBenedikt XVI., das ist schon seinem Alter geschuldet, muss mit seinen Kräften haushalten. Der Papst will sich nicht verzetteln. Sein nach neun Monaten Pontifikat erkennbarer Stil zeichnet sich aus durch kluge Reduktion, man könnte auch sagen: Konzentration auf das Wesentliche.
So überrascht es nicht, dass Benedikt sein erstes
päpstliches Rundschreiben dem Kern des Christlichen, dem Kern der
Humanitas schlechthin widmet: der Liebe.
Die streckenweise anspruchsvolle Enzyklika wer hätte von dem
Kirchenlehrer der Neuzeit und Großmeister der Theologie anderes
erwartet? kann man als christlichen Gegenentwurf zu religiös
ausrastenden Hasspredigern verstehen. Es ist ein Aufruf an die Welt,
Liebe, Mitmenschlichkeit walten zu lassen und als Ausfluss dessen auf
soziale Gerechtigkeit zu achten. Die Enzyklika lässt sich als
geschriebenes "Urbi et orbi" verstehen.
Bei seinen Reflexionen über die Liebe verblüfft der Gelehrte auf dem
Stuhl Petri seine langjährig erprobten Gegner womöglich damit, dass
er dem Eros sein Recht lässt. Dieser Pontifex, der am 16. April 79.
Geburtstag hat, wird noch manchen überraschen. Ein altes, großes
Ratzinger-Leitmotiv scheint auch durch den neuen Text hindurch: Die
Moral, die die Kirche lehre, sei keine Speziallast für Christen,
vielmehr die Verteidigung des Menschen gegen den Versuch seiner
Abschaffung.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post