Neue Westfaelische (Bielefeld): Verteidigungsminister unter Druck
Archivmeldung vom 14.12.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDarf der Staat töten? Ja, er darf. In exakt definierten Ausnahmesituationen haben Polizisten und Soldaten als Träger des staatlichen Gewaltmonopols den Auftrag, auch tödliche Gewalt anzuwenden. Zu diesen Ausnahme-Situationen gehören Geiselnahmen, die Verhinderung von Attentaten - und: Krieg. Deutschland befindet sich aber nicht in einem Krieg.
Jedenfalls nicht in einem erklärten Krieg. Insofern ist der Hinweis der Opposition im Bundestag richtig, der Angriff auf zwei von Terroristen entführte Tanklaster sei nicht von einem Mandat des Bundestages gedeckt. Veritable Völkerkundler halten dagegen, die Bundeswehr befinde sich in Afghanistan in einem kriegsartigen Einsatz und deshalb sei der Angriff gerechtfertigt. Auch dafür spricht Einiges. Indes: Der juristische Streit um eine außenpolitische Positionierung Deutschlands verdeckt das eigentliche Problem. Und dies hat zwei Dimensionen: Zum ersten wagt es augenscheinlich kein deutscher Politiker, der Wahrheit die Ehre zu geben und den Afghanistan-Einsatz als das zu bezeichnen, was er ist: Krieg. Der Grund für diese Zurückhaltung ist: Das Grundgesetz erlaubt nur den Verteidigungseinsatz im Rahmen der NATO. Für den aktuellen politischen Streit um Guttenberg aber und die Rücktrittsforderungen an ihn wird etwas viel Banaleres entscheidend sein: Hat der Minister gelogen oder nicht, als er den Angriff am "militärisch angemessen" bezeichnete und versicherte, er kenne keine anders lautenden Berichte. Es mehren sich Indizien, dass er doch über die Existenz solcher Berichte informiert worden ist. Von jenen Mitverantwortlichen, die er sehr schnell feuerte. Wenn er die Berichte kannte, gibt es eine neue politische Gefechtslage. Dann hätte Guttenberg öffentlich gelogen. Dann müsste er zurücktreten. Das deutsche Kriegsdilemma in Afghanistan wäre damit allerdings nicht gelöst.
Quelle: Neue Westfälische