Neues Deutschland: Abgekoppelt
Archivmeldung vom 27.07.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMan sollte sich nicht einen Maulwurf zum König wählen und dann klagen, dass der Straßenasphalt verboten wird. Wenn Wirtschaftsminister Brüderle die Abkoppelung der Renten von der Lohnentwicklung rückgängig machen will, klingt das überdies fast einleuchtend. Doch die Abkoppelung ist kein Teufelszeug, sondern sie war ein Gebot der Stunde, als die Krise nicht nur Nullrunden, sondern erstmals auch ein nominelles Sinken der Renten zur Folge gehabt hätte.
Brüderle tritt ja für das Koppeln von Löhnen und Renten im Wissen ein, dass die klägliche Entwicklung der Löhne die Renten ramponiert, auch jetzt noch. Man tut Brüderle deshalb kaum Unrecht, wenn man annimmt, dass nicht die Sorge um die Renten sein Motiv ist, sondern die Sorge um zu hohe Renten.
Immerhin ist Brüderle mit solchen Positionen auf seinen jetzigen Posten gelangt. Im Wahlprogramm der FDP stand: »Die private und betriebliche kapitalgedeckte Vorsorge müssen gestärkt werden, da die gesetzliche Rente in Zukunft nur noch eine Grundversorgung gewähren wird.« Dass die gesetzliche Rente irgendwann nicht mehr über den Hartz-IV-Satz hinausreichen könnte, das ist für die meisten Menschen eine absurde und gruselige Vorstellung. Darauf aber läuft alles bereits hinaus. Zwar abgekoppelt vom Lohn (im Falle seines nominellen Sinkens), sind die Rentner also nicht abgekoppelt von der Krise. Schon jetzt zahlen sie mit den von Hartz IV Betroffenen den höchsten Anteil der Zeche.
Quelle: Neues Deutschland