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Berliner Morgenpost: Ein Ausschuss, der nicht zum Eiertanz taugt

Archivmeldung vom 22.01.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.01.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Es gibt Untersuchungsausschüsse, die der Bundestag mit großem Brimborium eingesetzt hat, die man sich aber lieber hätte sparen sollen. Der sogenannte "Lügen-Ausschuss" war so ein Fall, bei dem es um Showeffekte ging, nicht um demokratisch legitimierte Aufklärung. Und auch die sogenannte BND-Affäre hätte kostengünstiger, weniger zeitaufwendig und für alle Beteiligten Nerven schonender aufgearbeitet werden können.

Der gestern eingesetzte Untersuchungsausschuss zu den Bombenabwürfen im nordafghanischen Kundus dagegen hat alle Zeit verdient, die er benötigt, um Klarheit zu bekommen über einen militärischen Einsatz, der vielen Deutschen erst die Augen geöffnet hat für einen, ja, Krieg, der auch deutsche Opfer fordert und in dem auch Deutsche verantwortlich sind für zivile Opfer, für tote Kinder, Verstümmelungen, Elend und Not. Darauf genau zu schauen, darüber zu debattieren, auf einer Grundlage, die den wahren Geschehnissen in dem gebeutelten Land zumindest nahe kommt, ist nicht nur das Recht des Parlaments, sondern auch seine Pflicht. Umso wichtiger ist es, dass die beteiligten Abgeordneten eben nicht den in weniger grundlegenden Untersuchungen üblichen politischen Eiertanz aufführen. Dass sie der Versuchung widerstehen, den jeweiligen politischen Gegner am Nasenring über die Bühne zu ziehen, sondern die Vorgänge rund um die offenbar ziemlich unnötige Bombardierung zweier Tanklaster aufzuklären.   Dazu gehört auch, aber nicht in erster Linie, die Frage, warum der neue Verteidigungsminister kaum dass er im Amt war eine politische Kehrtwende vorführte, die ihresgleichen sucht. Diese inhaltlich hieb- und stichfest zu begründen, wird Karl Theodor zu Guttenberg nach Lage der Dinge eher schwer fallen. Die These, dass sich ein ziemlich forscher Jungminister im vergangenen Herbst schlicht und ergreifend zu schnell zu weit aus dem Fenster gelehnt hat, liegt nahe. Ob und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, ist derzeit nicht eindeutig abzusehen. Die Tatsache, dass zu Guttenberg sich selbst öffentlich korrigiert hat, statt seinen Fehler zu verbrämen, spricht zumindest für ihn. Es ist ja eine Krux der zeitgenössischen Politik, dass sich die meisten Akteure der Berliner Bühne lieber hinter nichtssagenden Wortkaskaden verbergen, statt klare Aussagen zu treffen und diese gegebenenfalls auch zu korrigieren. Wichtiger als diese stilistischen Nebensächlichkeiten aber sind die Fragen, die sich um das Bombardement selbst drehen. Warum der diensthabende Oberst Klein den Angriff auch gegen den Rat der Flugzeugbesatzung durchgesetzt hat? Ob er dabei die Einsatzregeln verletzt hat? Und ob diese Einsatzregeln, die am Ende vom Bundestag abzusegnen sind, der Lage in Afghanistan überhaupt gerecht werden? Oder ob wir uns hier etwas vormachen über die Auslandseinsätze unserer Soldaten? Und mit am Ende unzulänglichen Vorschriften und Einschränkungen deren Leben, aber auch das unschuldiger Zivilisten aufs Spiel setzen.

Quelle: Berliner Morgenpost

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