LVZ: Familienpolitik/Parteiklausuren
Archivmeldung vom 08.01.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.01.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDass es zu wenig Kinder in Deutschland gibt und dass ihre Startbedingungen häufig nicht optimal sind, ist seit langem bekannt. Doch nun scheint es, als ob Bewegung ins Thema käme und die Politik das Problem endlich ernst nähme. Quer durch alle Parteien kursieren Überlegungen, wie Kinder besser gefördert werden sollen.
Die SPD
denkt über großzügige Betreuung und einen effektiveren Schutz von
Kindern nach. Die CDU will den alten Zopf des Ehegattensplittings
abschneiden, der aus Zeiten stammt, als es opportun war, dass der
Vater allein verdiente und die Mutter ihm zu Hause die Socken wusch.
Die Grünen mahnen ein neues Familienbild an, dass auch die
Kleinfamilie einbezieht.
Wenn dabei am Ende - wie von den Sozialdemokraten auf ihrer Klausur
in Bremen vorgeschlagen - ein Anspruch auf eine womöglich noch
kostenlose Ganztagsbetreuung und ein System an Vorsorgeuntersuchungen
steht, ist das nur gut und hat nichts mit einer Rückkehr zur
DDR-Sozialpolitik zu tun. Denn seinerzeit gab es nur eine einzige und
obendrein reglementierte Form von Kinderbetreuung, während Eltern
jetzt frei wählen können. Gewährleistet sein müssen allerdings
Betreuungszeiten, die es ihnen erlauben, einer Vollzeitarbeit
nachzugehen. Und das ganze, gut gemeinte Sozialgeschenk sollte
gegenfinanziert sein, ohne Haushaltslöcher zu reißen, die der
kommenden Generation am Ende sogar noch weitere Schulden aufbürden.
Immerhin ist es schon mal der richtigeAnsatz, in Betreuung und
Bildung zu investieren, statt reine Geldgeschenke zu verteilen. Denn
die Erfahrung lehrt, dass Kinder dadurch allein noch keine besseren
Entwicklungschancen haben. Noch dazu, wenn wie beim neuen Elterngeld,
davon in erster Linie Besserverdiener profitieren.
Langfristig wird in der Gesellschaft wohl kein Weg an einer neuen
Definition des Familienbegriffs vorbeiführen. Denn Familie ist jetzt
schon im Jahre 2007 immer weniger Vater, Mutter, Kind. Und es sind
auch nicht mehr nur die Alleinerziehenden. Vielmehr entwickeln sich
immer mehr so genannte Patchwork-Gemeinschaften, in denen ein Kind
beispielsweise von der Mutter und ihrem nächsten Partner erzogen wird
und dabei gleichzeitig noch Kontakt zum Vater und dessen neuer
Partnerin aufrechterhält. Das mag man moralisch beurteilen, wie man
es will. Es ist gesellschaftliche Realität. Und es ist am Ende
Ergebnis und Ausdruck der Produktionsrahmenbedingungen, die
Mobilität, Flexibilität und Schnelllebigkeit fordern.
Gerade die CDU tut sich noch schwer damit, weil es ihrem
Werteverständnis widerspricht. Die Erziehung und Verantwortung für
Kinder vor diesem Hintergrund mehr dem Staat in die Hände geben zu
wollen, ist allerdings der falsche Weg. Familie - wie auch immer
gestaltet - ist da, wo Kinder aufwachsen. Alles andere bleibt je nach
Betrachtungswinkel Programm oder frommer Wunsch.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung