WAZ: Schlussfolgerungen aus Desi: When English a Fremdword is
Archivmeldung vom 06.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDo you speak English? Nein wird wohl niemand mehr antworten. Allein schon wegen des Triumphzuges, mit dem das Englische über die Film- und Musikwirtschaft, über die globalisierte Ökonomie und das Marketing-Sprech alltäglich geworden ist.
Aber wer nur antworten kann: a little bit, der hat ein echtes
Problem. Denn nicht nur im bullshit castle, wie Ex-Daimler-Chrysler-
Chef Schrempp die Firmen-Zentrale verballhornte, ist Englisch number
one. Das ist es längst in vielen Dax-Unternehmen, ja auch
mittelständischen playern, die einen wachsenden Teil ihrer
Wertschöpfung im Ausland erwirtschaften. Wer in Englisch floppt, der
hat die schlechteren Chancen auf Arbeit, Wohlergehen, Erfüllung.
Lange schon ist klar, dass Sprach- und Lesefähigkeit das soziale
Dasein entscheiden. Wer schlecht spricht und liest, der wird im Leben
abgehängt. Ebenso wie seine Kinder. Was neu ist: Lebenschancen machen
sich nicht mehr nur an der Beherrschung des Deutschen fest. Englisch
ist ein anderes Schulfach als Biologie, Sport oder Religion. Englisch
vermittelt eine Grundqualifikation, und wer heute 18 ist, muss das
beherrschen. Englisch ist nicht Kür, sondern Pflicht.
Umso mehr sollten aus der Diagnose des Desi-Tests an 15-Jährigen
Therapien folgen. Vor allem die Zustände an Haupt- und Gesamtschulen
sind katastrophal. (Der Desi-Test belegt einmal mehr die
Leistungsfähigkeit des Gymnasiums). Man wird über die Qualifikation
der Lehrer reden müssen: der fachlichen für die Weltsprache Nummer
eins ebenso wie der methodischen für die Sprachvermittlung. Es gibt
zu viele schlecht qualifizierte Lehrer, vor allem für jene
Schulformen, in denen die Minderprivilegierten ohnehin in der
Mehrheit sind. So werden schlechtere Lebenschancen von der einen in
die nächste Generation weitergereicht. Wer gerne von der Teilhaber-
Gesellschaft (stakeholder society) spricht, kann auf diesem Feld
seine Bestimmung finden.
Bessere Lehrer sind das eine, problembewusste Eltern das andere.
Eltern sollten sehr früh ihre Kinder anhalten, Englisch zu erlernen.
Kurse dafür gibt es schon für Dreijährige. Der neueste Harry Potter
lässt sich auch im englischen Original lesen. Und die Kinder auf
Sprachreisen nach England oder Irland zu schicken, sollten Eltern
sich zur Pflicht machen. Ohnehin lernen Kinder in einer Umgebung, in
der alle englisch sprechen, schneller und besser die Sprache als in
der Schule.
Aber auch die Wirtschaft hat ein hohes Eigeninteresse daran, dass
unsere Kinder früh Englisch lernen. Sie sollte Sponsor-Programme
dafür entwickeln. In other words: Nötig ist eine nationale Englisch-
Offensive. Bevor vom legendären deutschen Wohlstandswunder – zu
schlecht Deutsch, zu schlecht Englisch, zu wenige Ingenieure – nur
eine nostalgische Erinnerung bleibt. Let's do it. Packen wir's an.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung