Neues Deutschland: kommentiert den Wahlausgang in Polen
Archivmeldung vom 27.09.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWas ist mit unseren Nachbarn los? Erst im Sommer wurden sie wieder als Vorkämpfer der Demokratie gefeiert. Landesweit war die Losung plakatiert: »Es begann in Gdansk!« Das sollte heißen: Von der polnischen Ostseeküste breitete sich die Welle der »Revolutionen« aus. Berlin, Prag, Vilnius und andere Städte des einstigen »Ostblocks« waren auf den Plakaten als Dominosteine dargestellt. Zuletzt fiel Kiew.
Und jetzt? Die Vorkämpfer freier Wahlen blieben ihren Wahlen in
der Mehrheit fern. Gerade 40 Prozent nahmen ihr demokratisches
Recht in Anspruch. Sind die USA - ohnehin vieler Polen liebster On-
kel - auch in Sachen Wahlbeteiligung inzwischen das große Vor-
bild?
Die zur Urne gingen, entschieden sich mit Mehrheit für den näch-
sten Regierungswechsel. Noch keine »Transformationsregierung«
in Warschau hat es auf mehr als eine Amtsperiode gebracht. Weil
alle ihre Wähler enttäuschten. Die letzte - vorgeblich linke - führte
Polen zwar in die EU, nahm aber rekordhohe Arbeitslosigkeit und
die Vertiefung der Kluft zwischen Gewinnern und Verlierern ihrer
Reformen in Kauf. Überdies bot sie Opposition und Medien reich-
lich Anlass, ihr die Verquickung von Politik und Geschäft vorzuhal-
ten. Welchen Unterschied machte es für die Wählerschaft, ob Links
oder Rechts regiert? Jetzt sollen's die Rechten richten, gewählt
letztlich nur von einem Viertel der erwachsenen Bevölkerung. »Re-
parieren« und »säubern« wollen sie den Staat. Für die Linke bre-
chen harte Zeiten an.
Quelle: Pressemitteilung Neues Deutschland