Lausitzer Rundschau: Die Konjunktur und die Aufgaben der Politik
Archivmeldung vom 04.01.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittZieht man von dem gegenwärtigen respektablen Wirtschaftswachstum die externen Faktoren ab, dann bleibt nicht viel an Leistungen der Politik. Die florierende Weltwirtschaft, ein paar Feiertage weniger und die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 machen das meiste aus. Und die Anstrengungen der Unternehmen selbst.
Die
Regierung hat immerhin einen flexibleren Arbeitsmarkt beigesteuert.
Es gibt zwar viele Stellschrauben der Politik, doch hat jede für sich
keine große Bedeutung. Und sie alle zusammen wirken auch nur, wenn
sie in der richtigen Reihenfolge und im richtigen Maß bedient werden.
Das bleibt die Aufgabe der Großen Koalition auch in diesem Jahr.
In der Tarifpolitik, die nicht Sache der Politik ist, wird es darauf
ankommen, die Kaufkraft und damit die Binnennachfrage zu
stabilisieren. Das bedeutet höhere Abschlüsse als bisher, aber doch
nicht solche, die das Wachstum abwürgen. Auch die Finanzpolitik kann
zur Belebung beitragen. Die Unternehmenssteuerreform ist eines der
großen Vorhaben der Koalition in diesem Jahr, aber warum nicht auch
die Vereinfachung des Steuerrechts und die Entlastung der Bürger
wieder auf die Tagesordnung setzen?
Der Finanzminister ist nicht nur Kassenwart. Es ist ihm nicht
verboten, über den Koalitionsvertrag hinaus zu denken. Er muss gerade
im Aufschwung sparen, um für die Zukunft Handlungsspielraum zu
gewinnen. Also Subventionsabbau. Aber er muss auch dafür sorgen, dass
die Kuh zu fressen hat, die Milch liefern soll, die Unternehmen
ebenso wie die Konsumenten. Auf eine Initiative Peer Steinbrücks zur
langfristigen Modernisierung des deutschen Steuersystems wartet
Deutschland noch.
Auch in der Gesellschafts- und Sozialpolitik ist jetzt das richtige
Umfeld für Weichenstellungen in zentralen Punkten: Die Last der
Langzeitarbeitslosigkeit, die trotz guter Konjunktur nicht weichen
will, muss mit einem Mix aus Anreizen, Druck und staatlicher
Beschäftigung gemildert werden. Und es müssen die guten Jahre genutzt
werden, um das Land auf die schlechten vorzubereiten, die so sicher
kommen wie das nächste Konjunkturtal und die Folgen der
demografischen Entwicklung. Bildung, Vereinbarkeit von Familie und
Beruf, Forschung - das bleiben die Hauptaufgaben in diesem Bereich.
In dem Streit zwischen Angela Merkel und Kurt Beck über das Ausmaß
noch zumutbarer Reformen scheint eine Antwort derzeit die beste: Die
ruhige Hand ist tatsächlich gefragt. Beim Reformieren, nicht in der
Hosentasche.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau