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Allg. Zeitung Mainz: Zerreißprobe

Archivmeldung vom 15.10.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.10.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Die SPD lebe, verkündet ihr Generalsekretär Lars Klingbeil. Das wollen wir, im Sinne der deutschen Politiklandschaft, hoffen. Klingbeils Wort in Gottes Ohr. Aber es bleibt bitterhart für die Sozialdemokraten - was für sich genommen nicht zwingend schlimm sein muss für die Partei, denn sie sorgt von jeher durch ein deutliches Maß an Masochismus für Aufsehen. Oft ist es auch so, dass sie Gutes will, aber das Gegenteil bewirkt.

Symptomatisch der Fall Andrea Nahles. Die war eine sehr gute Ministerin, als Vorsitzende aber offenkundig die falsche Frau am falschen Ort zur falschen Zeit. Und in einem solchen Fall geht die SPD mit Führungspersonal nachgerade radikal um. Bezeichnend dann zusätzlich ein relativ kleines Faktum am Rande: Joe Weingarten, Nahles' potenzieller Parlaments-Nachrücker, sagt, unter den Flüchtlingen gebe es "Gesindel".

Er ist damit bei den Genossinnen und Genossen - absolut zu Recht - schon unten durch, noch ehe er das Bundestagsplenum zum ersten Mal betreten hat. Nahles kann nichts dafür, dass er ihr nachfolgen soll, aber, um es in der Fußballersprache zu formulieren: Zuerst hatte sie kein Glück, und nun kommt auch noch Pech hinzu. Die Partei steckt in einem Elend, einem Richtungsdilemma sondergleichen. Raus aus der GroKo, ein knallharter Linksschwenk, wie ihn sich auch die kommissarische Vorsitzende Malu Dreyer vorstellen kann? Richtung Rot-Grün-Rot wie in Bremen? Das würde die Partei vielleicht zerreißen, denn Bremen ist nicht die Republik. Vom neuen Führungsduo, wer immer es sei, wird ganz schlicht nur eines erwartet: Wunder zu vollbringen. Wunder gibt es manchmal. Aber nur mit ganz viel Glück.

Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz (ots) von Reinhard Breidenbach

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