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Frankfurter Neue Presse: Air Berlin: Fliegender Wechsel überzeugt nicht

Archivmeldung vom 19.08.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.08.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Jetzt, wo die Air Berlin nach ihrem langem Sinkflug einen Sturzflug erlebt, aktiviert Vorstandschef Joachim Hunold also doch noch den Schleudersitz. Endlich, ist man geneigt zu sagen. Jahrelang hat der Selfmade-Man die Anleger mit großen Versprechungen gelockt und bei der Stange gehalten. Wahr geworden sind diese Versprechungen so gut wie nie. 2011 wird die Airline im vierten Jahr in Folge in der Verlustzone landen; die Aktie, die 2006 zu einem Ausgabepreis von zwölf Euro in den Handel kam, ist nur noch 2,46 Euro wert; und ein Trostpflaster in Form einer Dividende haben die Anleger auch noch nie erhalten.

Hätte, wäre, könnte, hat es immer bei Hunold geheißen. Mal war das Wetter schuld, die Vulkanasche oder die Luftverkehrssteuer, mal waren es die hohen Ölpreise, Streiks oder politische Unruhen. Nun ist zwar unstrittig, dass all diese Faktoren Deutschlands zweitgrößte Airline belastet haben. Aber andere Fluggesellschaften sind auch nicht davon verschont geblieben und haben trotzdem Gewinne eingeflogen. Air Berlin gelingt es dagegen nicht einmal in Zeiten kräftigen konjunkturellen Aufschwungs, den Sinkflug zu stoppen.

Schuld daran ist zum einen das fragwürdige Geschäftsmodell: Nach den zahlreichen Übernahmen ist das Unternehmen heute eine Mischung aus Ferienflieger, Billig-Airline und Netzwerk-Airline. Ein komplexes Gebilde, das sich nicht rechnet. Selbst wenn Passagier- und Umsatzzahlen kräftig steigen, ist die Ertragskraft zu gering, um negative externe Faktoren einigermaßen schadlos überstehen zu können. Hinzu kommt, dass die Führungsstrukturen nicht mit dem Wachstum des Unternehmens Schritt gehalten haben. Air-Berlin-Gründer Hunold hat den börsennotierten Konzern bis zum Ende wie ein mittelständischer Allgewaltiger geführt, obwohl er längst den Überblick verloren zu haben scheint. Und die Lufthansa tut der Air Berlin auch nicht mehr den Gefallen, sie zu unterschätzen. Sogar an den Air-Berlin-Drehkreuzen Düsseldorf und Berlin hat Europas Branchenprimus längst zum Angriff geblasen.

Zu grundlegenden Veränderungen ist der sperrige Patron gleichwohl nicht bereit gewesen. Und so gerät auch noch der längst überfällig Rücktritt zum Desaster, weil Hunold allem Anschein nach diese Entscheidung ebenfalls nur mit sich selbst ausgemacht hat. Der fliegende Wechsel auf seinen Freund Hartmut Mehdorn ist jedenfalls alles andere als überzeugend.

Ist Mehdorn der Mann, der Air Berlin noch retten kann? Zweifel müssen erlaubt sein. Als Verwaltungsrat hat auch Mehdorn zwei Jahre lang dem Treiben Hunolds tatenlos zugeschaut. Und so verwundert es nicht, dass jetzt nur von den Strecken-Streichungen die Rede ist, die Hunold ohnehin schon auf den Weg gebracht hatte. Um Air Berlin wieder flügge zu machen, werden diese Streichungen aber nicht reichen. Ein Kurswechsel ist nötig. Die Unternehmensspitze muss sich entscheiden, ob sie die Airline wieder auf ihren Nukleus des Ferienfliegers zurechtstutzt oder sich auf den geplanten Beitritt zum Luftfahrt-Bündnis Oneworld konzentrieren will. Für beide Entscheidungen müsste sich Mehdorn von seinem Freund Hunold emanzipieren. Das dürfte dem 69-Jährigen aber nicht leicht fallen, zumal ihm Hunold als Verwaltungsratsmitglied auch noch dazwischenfunken kann.

Quelle: Frankfurter Neue Presse (ots)

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