Lausitzer Rundschau: Die französische Präsidentschaft der EU
Archivmeldung vom 11.07.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSechs Monate sind eine zu kurze Zeit für grundlegende Weichenstellungen in der Europäischen Union. Selbst die großen Staaten mit einem entsprechend ausgestatteten Diplomatenkorps schieben da im besten Falle das eine oder andere längerfristige Projekt an.
Nicolas Sarkozy, der gestern die Europaparlamentarier mit einer leidenschaftlichen Rede überzeugte, wird im Wesentlichen die bereits von Angela Merkel eingeschlagenen Pfade weitergehen. Dafür ist er ohne Zweifel der richtige Mann zur rechten Zeit. Wenn es einem gelingen sollte, die Iren doch wieder auf den europäischen Tugendpfad zurückzuführen, dann noch am ehesten dem Franzosen mit seiner eigenartigen Mischung aus umwerfendem Charme und bewusstloser Rücksichtslosigkeit. Und wenn Europa beim Klimaschutz sich als Großmacht profilieren will, dann ist der Präsident auch dafür der allerbeste Eisbrecher. Insofern werden die nächsten sechs Monate der EU ohne Zweifel gut tun. Als Feuerwehrhauptmann ist keiner besser geeignet als der schnelle Nicolas. Ganz und gar der Falsche könnte er allerdings sein, wenn es darum geht, die grundlegenden Probleme anzugehen, mit denen sich die Union herumschlägt. Wenn es Sarkozy gelingen sollte, den Lissabon-Vertrag doch noch zu retten, würde dies weiter nicht ins Gewicht fallen. Denn mit den derzeit von den Iren blockierten Reformen würden auch neue Spielräume geschaffen für ein tiefgehenderes Nachdenken über den Fortgang der europäischen Integration. Was allerdings passieren mag, wenn Sarkozy an dieser Frage zu scheitern droht, ist nur schwer vorherzusehen. Weder beim französischen Präsidenten noch bei der EU-Kommission ist solch ein Scheitern als unerwünschter, aber wohl unvermeidbarer Lernprozess vorgesehen.
Quelle: Lausitzer Rundschau