Neues Deutschland: Bahn und Demokratie
Archivmeldung vom 04.10.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Gegner des Bahnhof-Megaprojekts Stuttgart 21 haben kein Recht auf Widerstand. Das zumindest meint Rüdiger Grube. Was den Bahnchef geritten hat, weiteres Öl in das bereits außer Kontrolle geratene Großfeuer in der Landeshauptstadt zu gießen, sei dahingestellt. Zutage tritt dadurch aber ein Demokratieverständnis, das an antiplebiszitärer Arroganz kaum zu überbieten ist.
Dabei war Grube einst auf den Chefsessel des bundeseigenen Konzerns berufen worden, um die Ära des laut polternden, selbstherrlichen Hartmut Mehdorn zu beenden. Der Nachfolger pflegt eine leiseren Umgangston, setzt aber die unselige Geschäftspolitik ohne Abstriche fort. Die Deutsche Bahn AG steht für bloße Orientierung auf Gewinn- und Umsatzwachstum. Wichtig sind dafür nur einige Großprojekte: Höchstgeschwindigkeitsstrecken, moderne Metropolenbahnhöfe mit Einkaufszentrum, Expansion auf den EU-Märkten. Zahllose leine Bahnhöfe und Nebenstrecken werden vernachlässigt oder gar dicht gemacht. Auch die Ausfälle der ICE bei Kälte wie bei Hitze und das Berliner S-Bahn-Chaos sind Folge dieser Strategie Auf der Strecke bleibt die Dienstleistung für den Bürger Bahnkunde, der mit dem umweltfreundlichen Verkehrsmittel bequem und pünktlich von A nach B reisen möchte. Gerade der Chef eines Staatskonzerns müsste dem Bürger dienen - statt ihm demokratische Rechte abzusprechen..
Quelle: Neues Deutschland