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Putin schafft die Wahrheit ab Kommentar von Raimund Neuß zum Umgang Russlands mit den Terrorverdächtigen

Archivmeldung vom 26.03.2024

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.03.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Mary Smith

Es sind unfassbare Szenen, die die russische Justiz nach dem verheerenden Anschlag von Krasnogorsk vorführt. Erst Folter vor der Kamera, dann die Vorführung der mutmaßlichen Attentäter vor Gericht: Alle vier gezeichnet von schweren Misshandlungen, einer noch mit einer Plastiktüte um den Hals, der andere - ihm wurde ein Ohr abgeschnitten - mit notdürftig verbundenem Kopf, ein dritter zeitweise bewusstlos und mit aufgerissenem Hemd im Rollstuhl.

Was soll das bewirken? Gewiss wollen die Sicherheitsbehörden den russischen Bürgern zeigen, wie hart sie durchgreifen können. Die Demütigung der angeblich aus Tadschikistan stammenden Verdächtigen soll über das Versagen der Behörden hinwegtäuschen, die anderthalb Stunden bis zum Eingreifen in der "Crocus"-Halle brauchten und die mutmaßlichen Täter dann zunächst entkommen ließen. Begleitet wird die widerwärtige Vorführung durch Hassbotschaften gegen nationale Minderheiten.

Aber die öffentliche Misshandlung hat noch einen weiteren Sinn. Dass Russland ein Folterstaat mit gelenkter Justiz ist, ist allgemein bekannt - dennoch versuchte man bisher, den Eindruck formal korrekter gerichtlicher Verfahren mit unabhängiger Tatsachenfeststellung zu erwecken. Das ist vorbei. Putins Ermittler und Richter demonstrieren bewusst, dass ihre angeblichen Erkenntnisse per Folter erzielt und damit vollkommen beliebig sind. Sie können jedes gewünschte Urteil liefern, so wie Inquisitoren der Frühen Neuzeit.

Das passt ins Bild der frei erfundenen Vorwände, mit denen Staatschef Wladimir Putin seine Kriegszüge begründet. Ins Bild der Wahl-Farce. Der sadistischen Fiktionen im Staatsfernsehen. Der Staat beweist seine Macht, indem seine Vertreter ostentativ lügen. Es gibt keine Tatsachen, sondern nur staatliche Behauptungen. Was man nicht freiwillig bekennt, wird herbeigefoltert.

Putin hat als Diktator vollbracht, was Donald Trump mit seinen "alternativen Fakten" in einer - noch - demokratisch verfassten Gesellschaft versucht: Er hat die Wahrheit abgeschafft. Wie gut das geklappt hat, sieht man an deutschen Politikern, die über eine unklare Faktenlage bramarbasieren. Diese Unklarheit, die wüste Verdächtigungen etwa gegen die Ukraine erlaubt, ist Putins Ziel. Dass nichts objektivierbar ist und man allein ihm zu glauben hat, ist sein Herrschaftsprinzip.

Quelle: Kölnische Rundschau (ots)

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