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Lausitzer Rundschau: Ypsilanti bläst Machtkampf ab

Archivmeldung vom 08.03.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.03.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Das Abenteuer einer rot-grünen Minderheitsregierung unter maßgeblicher Mitwirkung der Linkspartei ist in Hessen in letzter Minute abgeblasen worden. Und zwar von jener umstrittenen SPD-Frau, die es riskieren wollte: Für Andrea Ypsilanti ist das Eingeständnis ein politisches Debakel.

Aber auch Parteichef Kurt Beck kommt nicht unbeschadet aus der Affäre heraus. Schließlich war es der Pfälzer persönlich, der den Wortbruch mit Brachialgewalt in seiner Partei durchboxen wollte. Als weitsichtiger Stratege wird er nicht in die sozialdemokratische Geschichte eingehen, um es diplomatisch zu formulieren. Und trotzdem kommt die Blamage für die Sozialdemokraten zur rechten Zeit. Man stelle sich nur vor, Ypsilanti wäre bei der geheimen Wahl zur Ministerpräsidentin Anfang April ins offene Messer gelaufen. Nun ist sie dem Simonis-Tod gerade noch von der Schippe gesprungen. Dafür sollte Ypsilanti der Landtagsabgeordneten Dagmar Metzger dankbar sein. Im Gegensatz zum politischen Königsmord in Kiel, der anonym in Szene gesetzt worden war, hat Metzger mit offenem Visier gekämpft und so ihre Partei vor einem noch schlimmeren Schaden bewahrt. Was bleibt von der großen Aufregung der vergangenen Wochen übrig? Eine angeschlagene SPD-Chefin in Hessen, die als Ministerpräsidenten-Kandidatin verbrannt ist, weil ihr nicht einmal die eigene Truppe folgt. Ein düpierter Kurt Beck und eine Partei, die sich lächerlich gemacht hat. Vor der CDU, aber auch vor dem Wähler. Roland Koch kann sich auf die Schenkel klopfen. Im Lichte des Ypsilanti-Rückziehers wirkt seine Wahlniederlage vor sechs Wochen jetzt beinah wie ein Sieg. Es zeigt sich aber auch ganz deutlich, dass die rot-rote Normalität im Osten noch längst nicht auf die alten Länder übertragbar ist. Das umso mehr, weil Ypsilanti den Tabubruch mit einem klaren Wortbruch einleiten wollte. Dabei unterlag sie dem fundamentalen Irrtum, dass die Anti-Koch-Stimmung automatisch eine Pro-Ypsilanti-Haltung sein müsse. Hätte die Spitzengenossin schon vor der Hessen-Wahl eine mögliche Kooperation mit den Linken angedeutet, dann wäre das Wahlergebnis für die SPD vermutlich schlechter ausgefallen. Und die Linkspartei? Für sie ist es keineswegs ein Makel, dass sich die Blütenträume von einer stillen Machtteilhabe in Hessen nicht erfüllen. Die Westlinken sind ohnehin mehr auf Opposition als auf Verantwortung gebürstet. So dürfte auch den Gysis und Biskys manche Peinlichkeit erspart geblieben sein. Die politische Entwicklung selbst lässt sich allerdings nicht mehr zurückdrehen. Auch wenn das Hessen-Experiment grandios gescheitert ist, wird die SPD ihr Verhältnis zu den Linken im Westen klären müssen. Die zurückliegenden Wochen haben lediglich gezeigt, wie man es nicht machen darf. Normalerweise müsste Kurt Beck in dieser Situation seinen Hut nehmen. Doch ihn rettet die Tatsache, dass die SPD auf absehbare Zeit keine personelle Alternative an ihrer Spitze hat.

Quelle: Lausitzer Rundschau

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