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Eldorado, Kommentar zu Börsengängen

Archivmeldung vom 15.06.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.06.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Der offene Geldhahn der Notenbanken und die billionenschweren Konjunkturprogramme schlagen am Kapitalmarkt voll durch. 2021 ist bisher das beste Jahr aller Zeiten für Börsengänge in Deutschland. Auf dem bisherigen Allzeithoch im ersten Halbjahr 2018 brachten IPOs in Deutschland 7,3 Mrd. Euro ein. Wenn nicht der Börsengang des Online-Modehändlers About You, der am heutigen Dienstag den Preis festsetzt, im letzten Moment noch abgeblasen wird - was nahezu undenkbar erscheint -, dann sind die 8 Mrd. Euro voll. Weitere 1 Mrd. Euro kommen bis Ende Juni noch hinzu - insgesamt fast zehnmal so viel wie 2020. Damit ist Deutschland unerwartet auf Augenhöhe mit London gekommen, wo Börsengänge 2021 bis dato 10 Mrd. Euro einbrachten.

Für den Boom gibt es gute Gründe: In Zeiten von Nullzins bringen Anleihen kaum noch Erträge ein - das treibt die Investoren in Aktien, auch in neue. Zugleich ist die Volatilität - gemessen am "Angstindex" Vix - gegenüber dem Vorjahr deutlich zurückgegangen. Es gibt eine starke Nachfrage internationaler Investoren, aktivere Privatanleger und eine volle Pipeline von Börsenkandidaten - darunter so große Namen wie der Sportwagenhersteller Porsche, die Daimler-Lastwagensparte oder der Ölkonzern Dea Wintershall. Der Dax hat ein Allzeithoch erreicht und liegt 2021 mit etwa 15 % im Plus.

Es gibt jedoch auch Abkühlungstendenzen der im ersten Quartal überbordenden Begeisterung. Die Absage des Börsengangs des Online-Neuwagenanbieters Meinauto und die schlechte Kursperformance einiger Neuzugänge sind erste Anzeichen dafür, dass die Investoren wählerischer werden.

Besonders die Rolle der Ankerinvestoren bei IPOs rückt in ein neues Licht. Früher wurden die Namen von "Cornerstones" wie etwa der Capital Group, die derzeit besonders häufig als solcher auftaucht, typischerweise zu Beginn des Bookbuildings zusammen mit einer Preisspanne bekannt gegeben, um den Preis ans obere Ende zu treiben.

Die Ankerinvestoren waren mit einer Haltefrist versehen, um Vertrauen zu bilden. Ungefähr seit Beginn der Pandemie werden sie noch früher ins Boot geholt - zugleich sind die Haltefristen aber nicht mehr üblich. Das hat in einigen Fällen Kursabstürzen am ersten Handelstag den Boden bereitet. Die enttäuschende Performance des kanadischen Chipdesigners Alphawave IP Group gilt als Wendepunkt für die Investorenstimmung gegenüber Cornerstones - hin zur Skepsis. Der Kurs stürzte um ein Viertel, obwohl 40 % vom IPO-Volumen bei BlackRock und Janus Henderson lagen.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Christoph Ruhkamp

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