WAZ: Frankreichs Realpolitik in Libyen: Keine Überraschung
Archivmeldung vom 28.07.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn der Theorie ist die EU eine aus schlimmer Erfahrung gespeiste Wertegemeinschaft, die den Menschenrechten verpflichtet ist. In der Praxis gibt es nicht mehr viele Staatsmänner, die wirklich europäisch denken. Vielleicht war Helmut Kohl der letzte. Frankreichs Präsident Sarkozy zeigt, dass für ihn die EU nur Mittel zum Zweck ist.
Ganz in der Tradition französischer Afrikapolitik brüskiert Sarkozy
Brüssel, Berlin und viele andere. Jahrelang nahm Libyen bulgarische
Krankenschwestern als Geiseln. Kaum sind sie frei, will Frankreichs
Staatschef an den früher als Terroristen geschmähten Gaddafi ein
Atomkraftwerk verkaufen. Ganz nach dem Motto "Was kümmert mich mein
Geschwätz von gestern?" wird Realpolitik im Alleingang betrieben.
Zynische Realisten liegen nicht falsch, wenn sie darauf hinweisen,
dass Gaddafi eine prominente Rolle spielt, wenn es um Lösungen etwa
für die Krisenregion Sudan/Darfur geht. Wenn dem so ist, dann können
nach französischem Selbstverständnis problemlos Waffen und vieles
mehr an alternde Despoten verkauft werden. Moral und Werte bleiben
auf der Strecke. Realpolitik eben.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung