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Sympathie für Ukraine-Bonds

Archivmeldung vom 16.07.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.07.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Der Ukraine-Krieg ist zweifelsohne eine riesige Tragödie - so wie jeder andere Krieg auch. Kaum einer hat sich vorstellen können, dass im Jahr 2022 im zivilisierten, geeinten Europa, das nun seit Jahrzehnten erfolgreich die Gemeinschaft von Staaten vorlebt und genau diesen Gedanken mit aller Kraft hochhält, noch einmal ein Angriffskrieg Realität werden könnte. Leider ist es so. Viel menschliches Leid, viele Verletzte und viele Tote hat er bereits mit sich gebracht. Viele Menschen haben ihr Zuhause, ihre Heimat verloren, sind auf der Flucht - ungewiss, wann sie zurückkehren können. Jeder hofft wohl, dass dieser Krieg besser heute als morgen sein Ende findet. Aber danach sieht es aktuell nicht aus.

Doch der Tag des Kriegsendes wird kommen, und dann wird es um den Wiederaufbau der Ukraine gehen. Der wird mit Sicherheit ein Kraftakt, und sein Umfang ist letzten Endes davon bestimmt, wie lange das sinnlose Bomben noch weitergeht. Um diesen Kraftakt des Wiederaufbaus zu stemmen, wird die Ukraine viel Kapital von außen benötigen - so viel steht fest. Dieses Kapital wird von Förderinstitutionen bereitgestellt werden, Social Bonds und nachhaltige Anleihen wird es dafür geben. Die Ukraine wird aber auch einen nicht gerade unerheblichen Teil über die Bondmärkte mit eigenen Emissionen stemmen müssen und sicher auch wollen.

Die Mobilisierung von Fremdkapital über die Anleihemärkte wurde auch auf der diesjährigen Tagung der International Capital Market Association (ICMA) in Wien thematisiert. Experten waren praktisch unisono der Meinung, dass die Ukraine später für den Wiederaufbau sehr viel Sympathie der Investoren bekundet bekommen wird, es wird Sympathie-Funding geben sozusagen. Und das dürfte sich in zwei Aspekten niederschlagen. Erstens in dem Volumen an Kapital, das Investoren dem Land bereitstellen werden. Ein Käuferstreik für die Bonds des Landes ist wohl eher nicht zu befürchten. Das bedeutet aller Voraussicht nach sehr hohe Überzeichnungen der Bondemissionen - wohl erst recht bei Anleihen, deren Erlöse dann zweckgebunden erfolgen, also Social oder Sustainability Bonds.

Zweitens: Auch wenn niemand heute die Marktbedingungen am Tag X der ersten Emission der Ukraine nach dem Krieg verlässlich vorhersagen kann, weil ja selbstredend überhaupt nicht klar ist, in welchem Zustand und Investorensentiment sich die Märkte dann befinden, dürfte klar sein, dass die Investoren bei ihrem Sympathie-Funding sicher nicht bei den geforderten Konditionen überziehen werden. Die Ukraine kann sich auf eine doch recht attraktive Funding-Situation insgesamt einstellen, so die Einschätzung der Experten auf der 54. ICMA-Konferenz. Damit ist natürlich kein Wort über Renditen und Spreads gesagt. Es wäre vermessen, dies heute abschätzen zu wollen.

Funding-Mittel wird die Ukraine aber nicht nur über den Markt, sondern auch über multilaterale Förderinstitutionen bzw. -banken zur Verfügung gestellt bekommen. Dazu gehört auch die Europäische Investitionsbank (EIB), die im Großherzogtum Luxemburg beheimatete Bank der Europäischen Union (EU). "Es steht ja völlig außer Frage, dass wir als EIB zum Wiederaufbau der Ukraine auch unseren Teil beitragen werden. Und das wird ein substanzieller Beitrag sein. Wir waren die Ersten, die innerhalb weniger Tage nach Kriegsbeginn Mittel an die Ukraine ausgeschüttet haben, und sehen auch beim Wiederaufbau eine wichtige Rolle für uns", sagt Werner Hoyer, Präsident der EIB, der Börsen-Zeitung. "Selbstverständlich laufen hierfür in unserem Hause auch schon die Vorbereitungen. Dabei bauen wir auf die Unterstützung internationaler Investoren, die uns ihr Interesse signalisiert haben. Unsere Sustainability Awareness Bonds bieten hierfür ein geeignetes Mittel, und wir arbeiten an den Bewertungskriterien, die erforderlich sind, um Märkte transparent und zielgerichtet in dieses Megaprojekt einzubeziehen", führt Hoyer aus.

Derzeit hat die Ukraine Bonds in der Lokalwährung Hrywnja ausstehen und in den Währungen Euro und Dollar (vgl. Grafik). Die Fälligkeiten der Bonds in den einzelnen Währungen beginnen in diesem Jahr und reichen bei einem Dollar-Bond bis zum Jahr 2040. An diesem Gesamtanleiheumfang von knapp 25 Mrd. Dollar bzw. aufgrund der Parität auch in Euro lässt sich ablesen, dass die Ukraine in den vergangenen Jahren nicht gerade ein häufiger Emittent an den internationalen Bondmärkten gewesen ist. Nach dem Ende des Krieges könnte der Seltenheitswert des Emittenten Ukraine am Bondmarkt aber ein wenig verblassen. Hoffentlich tritt das bald ein.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)  von Kai Johannsen

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